Winterarbeit in einem Bauernhaus

Winterarbeit in einem Bauernhaus.

Im Winter wurden meine Mutter und meine Schwestern um halb sechs von Vater geweckt. Meist dauerte es etwas länger, bis aufgestanden wurde, da die Arbeit nicht so drängte. Vater begann einstweilen mit dem Füttern, bis sich dann der Rest der Fütterer einfand. Mutter heizte den Kachelofen ein und stellte Wasser auf, damit man warmes Wasser zum Waschen hatte, wenn man im Stall fertig war. Es wurde dann das Frühstück gegessen. Während der kalten Jahreszeit wurden drinnen in unserem Haus in Kerschbaum die verschiedensten Arbeiten gemacht, zu denen man sonst weniger Zeit hatte.

Z.B. machte der Vater in der Stube nach Bedarf Holzschaffl (Söchter) oder Holzschuhe. Eine Besonderheit war das Besenbinden. Die notwendigen Weidenruten (Wiedn) wurden mit einem Holzgerät in vier Teile gespalten und mit einem Messer ausgeputzt. Das Besenreisig wurde ausgeschnitten und sortiert und später zu Besen gebunden. Vater schnitzte uns Kindern aus dem groben Besenreisig Figuren, die meistens wie Tauben aussahen. Man konnte sie aber auch mit viel Fantasie als Kühe zum Spielen verwenden.
Meine Mutter und Schwestern reparierten die Jutesäcke. Wenn sie damit fertig waren, ging es zum Federschleißen. Dabei wurde den Gänsefedern der Flaum von den Kielen gezogen.

Wir Kinder konnten es kaum erwarten, dass es zu schneien begann. Es wurde dann der eiserne Ofen in der Stube aufgestellt und wir Kinder heizten, bis der Ofen glühte. Die Winterfenster wurden als Außenfenster befestigt. So blieb mehr Wärme in der Stube. An den Abenden, wenn es finster wurde, war es gemütlich. Uns Kindern wurden dann Märchen erzählt von der „Habergeiß“, der „Bärenmutter“ und von der „Wilden Jagd“. Meistens waren wir dann wieder einige Tage brav. Von diesen Schauermärchen haben wir, so glaube ich doch, keinen seelischen Schaden erlitten.

Keine besondere Freude hatten wird jedoch mit dem „Gsotschneiden“. Das war das Schneiden des Futters für die Tiere mit einer Maschine. Erst wurde Heu und Stroh zu große Haufen zur Maschine gebracht und dann mit der Maschine gehäckselt und das bei jeder Kälte.

Kerschbaum
1947
Verfasser

Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

Info

Falls Sie zu diesem Thema Ergänzendes erzählen wollen oder Fotos zur Verfügung stellen können, dann teilen Sie uns dies bitte schriftlich oder per E-Mail mit. Wir sind gerne bereit Ihren Beitrag oder das/die Foto/s hier zu publizieren.

Jedwede Veröffentlichung dieses Artikels, auch auszugsweise, darf nur mit Erlaubnis des Autors (der Autorin) geschehen.
Bei Verwendung der Fotos ist zu bedenken, dass diese eventuell urheberrechtlich geschützt sind.