Weihnachtsgeschenke brachte das goldene Rössl

Weihnachtsgeschenke brachte das goldene Rössl.

Meine Mutter ist 1892 zur Welt gekommen. Sie hat uns immer erzählt, dass wie sie Ende des 19. Jahrhunderts ein Kind war, vom Christkind keine Rede war. Zu ihnen ist immer zu Weihnachten das „Goldene Rössl“ gekommen und hat für sie etwas eingelegt. Am Heiligen Abend wurde der Rosenkranz gebetet, nicht nur einer, sondern drei. Ihr Bruder, der Hans, war recht ein lebhaftes Kind. Er konnte es gar nicht mehr erwarten und trieb allen Unfug während des Betens. Da hat der Vater mit dem Beten aufgehört und hat gesagt: „Zu dir wird das „Goldene Rössl“ heute nicht kommen.“ Darauf hat er gesagt: „Ich scheiß auf das „Goldene Rössl“. Ich brauche nichts.“ Als das Beten aus war, haben die Kinder beim Fenster hinausgeschaut. Da sind drei Stanitzel mit Schleckereien gelegen, obwohl sie vier Kinder waren. Der Hans hat nichts bekommen. Er hat deshalb die ganze Nacht geweint. Der Vater kam spät in der Nacht von der Mette heim. Der Bub hat noch immer geweint. Der Vater hat ihn aber weiter weinen lassen. Aber am nächsten Morgen, am Christtag, da hat er gesagt: „Ich bin gestern in der Nacht dem „Goldenen Rössl“ begegnet. Das hat mir auch für dich ein Stanitzel mitgegeben.“ Da war der Weihnachtsfriede im Schuster-Lenzenhäusl in Summerau 52 wieder hergestellt.

Wie meine Mutter in die Schule gekommen ist, kurz vor 1900, da hat man schon erzählt, dass in der Stadt die feinen Leute einen Christbaum hätten. Da hat auch ihr Vater zu Weihnachten ein Bäumchen heim gebracht. Da drauf haben sie Wackerstücke (=Stücke des Germgugelhupfes) gehängt, ebenso in weißes Papier eingewickelte Zuckerstückchen und Ketten, die in der Schule aus in schmale Streifen geschnittenem Buntpapier hergestellt wurden. Zusammengeklebt wurden sie mit Mehlpapp (=selbst hergestelltes Klebemittel aus Mehl und Wasser). So haben sie selber den Christbaum geschmückt. Geschenke, wenn sie welche bekamen, hat noch immer das „Goldene Rössl“ gebracht. So erzählten es ihnen die Erwachsenen.

In meiner Kindheit hat es dann schon einen Christbaum mit Kerzen und Kugeln gegeben. Da war Weihnachten schön. Die Geschenke, die noch sehr bescheiden waren, so hat man uns erzählt, hat uns das Christkind und nicht mehr das „Goldene Rössl“ gebracht.

Summerau
1900
Verfasser

Gertrude Grafl (geb.1927), ehemals Summerau Oberort 20, 4261 Rainbach i. M.

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