Wasserkehren, Jauche ausbringen und Düngen.
Da in alten Zeiten Dünger knapp war und sämtliche Jauche in den Bach rann, war das „Wasserauskehren“ eine willkommene Düngung. Besonders im Frühling, wenn es trocken war, wuchs dadurch viel mehr Futter als auf anderen Wiesen und man konnte dreimal im Jahr ernten, was eine Rarität war. Deshalb war es wichtig, zu regeln, wer und wann das Wasser aus den Bächen verwendet werden durfte. Darum wurde schon im Jahre 1870 in Kerschbaum für den „Unterort“ der Gebrauch des Dorfwassers der Dorfgräben geregelt. Bei Nichteinhaltung der Richtlinien musste der Gesetzesbrecher 1 fl. (Gulden) an das Armenhaus in Rainbach zahlen.
Im Unterort Kerschbaum besaßen folgende Hausbesitzer das Recht Wasser vom Dorfgraben zur Bewässerung ihrer Wiesen (Point und Teichwiesen) zu verwenden: Godl-Kerschbaum 1, Traxler-Kerschbaum 5, Höller-Kerschbaum 10, Haiböck-Kerschbaum 46, Deastl-Kerschbaum 53, Kapeller-Kerschbaum 54, Jager-Kerschbaum 55, Jobst-Kerschbaum 56. Beim Haus Kerschbaum Nr.2 (Walgschmied) war ein Richtbaum im Dorfgraben waagrecht eingebettet, der den Graben in zwei Bäche teilte und zwar so, dass zwei Teile Wasser für Godl und Kapeller für Point und Teichwiesen und ein Teil für den Rest der Wasserrechtbesitzer für die Bewässerung der Point fließen konnte.
In den 1950er Jahren hatten dann schon einige Bauern eine Jauchegrube. Jauche ausbringen (in Mundart: „Ol firn“) war zu dieser Zeit gar nicht so einfach. Diejenigen, die eine Jauchegrube mit meistens 10.000 Liter Fassungsvermögen hatten, brachten die Jauche mit einem Holzfass mit einem Inhalt von zirka 300 Liter auf die Wiesen. Das Jauchefass (in Mundart: „Olfassl“) musste mit einem Schöpfer mit zirka acht Liter Fassungsvolumen befüllt werden. Das Schöpfen mit diesem Gerät (= Holz- oder Metallgefäß, das an einem langen Stiel befestigt war) war eine sehr anstrengende Arbeit. Später war das Befüllen mit einer Handpumpe schon ein großer Fortschritt. Mit der Erschließung des Stromnetzes machte man diese Arbeit dann mit einer von einem E-Motor betriebenen Kreiselpumpe. Später kaufte man sich eine Saugpumpe und dann begann die Ära der Güllefässer mit einem Fassungsvermögen mit bis zu 10.000 Liter (Das war früher der Inhalt einer ganzen Jauchegrube).
Auch zeitlich war das Recht strengen Richtlinien unterworfen. So durfte der Kapeller von Mittwoch 18 Uhr bis Freitag 18 Uhr auskehren. Der Godl durfte von Freitag 18 Uhr bis Mittwoch 18 Uhr auskehren. Nach dem Bau der Drainagen im Jahr 1967 wurde dann von den Hausbesitzern auf jedes Wasserrecht verzichtet. Damit das Wasser auch in geordneten Bahnen fließen konnte, wurde von den Wasserrechtbesitzern jedes Jahr am 2. 11. der Dorfgraben geputzt.
In den 1950er Jahren kam dann der „Förderungsring“, eine vom Land O.Ö. geförderte Einrichtung, die den Bauern die „Gesunddüngung“ vorschrieb. Es mussten pro Hektar und Jahr folgende Menge gedüngt werden: 6000 Kilo Mischkalk, 4000 Kilo Thomasphosphat und 3000 Kilo Kalisalz 40%. Acht Jahre gab es diese Einrichtung, in die jeder Schilling hineingesteckt wurde, so dass für andere Vorhaben kein Geld mehr vorhanden war. Ökonomisch vielleicht ein Segen, ökologisch ein Wahnsinn. Futter bekam man in rauen Mengen, die Kühe wurden aber oft unfruchtbar. Das fette Gras trocknete schlecht zu Heu. Aber alles wurde den auf diesem Gebiet unerfahrenen Bauern von den Beamten der Landwirtschaftskammer empfohlen. Ich glaube nicht, dass man das heute noch machen würde, da die großen produzierten Mengen die Preise in das Bodenlose fallen ließen und den Verdienst der Bauern verringerten. Das mag auch einer der Gründe sein, dass jetzt sehr viele Bauern keinen Hoferben mehr haben und von vielen die Landwirtschaft aufgeben wird, da Höfe nur mehr ab einer bestimmten Größe lebensfähig sind.
Verfasser
Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.
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