Trockenlegung der Wirtschaftgründe

Trockenlegung der Wirtschaftgründe.

Die Gründe in Kerschbaum Unterort waren mit Staunässe sehr behaftet. Jahrhunderte wurden jedes Jahr im Spätherbst Wassergräben auf den Wiesen repariert und neu gezogen. Die Wiesen waren derart nass, dass man vielfach nicht einmal mit den Ochsen hineinfahren konnte. Wenn man sich nicht auskannte, blieb man oft mit dem Ochsengespann im Sumpf stecken, mit Pferden konnte man schon überhaupt nicht fahren. Wenn ich mich so auf einen Sumpfhügel stellte und schaukelte, bewegte sich die Wiese oft 20-30 m weit. Die Bauern schlossen sich 1954 zu einer „Wassergenossenschaft“ zusammen, um einen Antrag zur Trockenlegung der Gründe bei der O.Ö. Landesregierung zu stellen. 1964 war es dann so weit, dass man beginnen konnte.

Sämtliche Tonrohre (3 Stück wurden für 1 Meter benötigt) wurden am Bahnhof Summerau ausgeladen und mit den Traktoren nach Kerschbaum gefahren und wieder gestapelt. Dazu kamen noch hunderte Meter von sehr schweren Betonrohren und Betonschächten, oft bis 200 kg schwer. Alle Genossenschaftsmitglieder mussten bei dem ganzen Projekt mitarbeiten, da sie sonst sehr viel bezahlen hätten müssen. Allein auf unserem Grund wurden 5420 Laufmeter Drainagen verlegt, das waren 16.260 Tonrohre, die meine Frau und ich zum größten Teil mit dem Handwagerl ausfahren mussten, da man mit den Pferden nicht in die Wiesen hineinfahren konnte, weil jene so sumpfig waren. Auf ein Wagerl konnte man 30 Tonrohre aufladen, also mussten wir 542 mal fahren, und das bis zu 300 m weit, noch dazu viele leichtere Betonrohre. Es war eine wochenlange Schwerarbeit, dazu war meine Frau zum ersten Kind schwanger. Also eine Schinderei.

Damals wurden die ersten Bagger für die Grabarbeiten eingesetzt, vorher wurde mit der Hand gegraben. Unsere Wiesen waren derart nass, dass oft Löcher mit einem Durchmesser von 30m und 2m tief ausgehoben werden mussten, weil die Drainagegräben immer wieder einstürzten.

"Von der Landwirtschaftskammer wurden die Flächen nach dem Entwässern mit großen Raupen planiert. Zum Kultivieren und Umbrechen hatte die Landwirtschaftskammer auch zwei 1,40 m breite englische Howard-Traktorfräsen zum Verleihen. Diese Maschinen waren sehr vorteilhaft und wurden durch die Zapfwelle vom Traktor angetrieben. Es waren 40 gebogene Messer daran und in einem Arbeitsgang wurde der zähe und oft stark verwildert Rasen in kleine Stücke geschnitten und saatfertig gemacht." (1)

Wir mussten trotzdem viele Jahre auf unseren Feldern immer Steine wegräumen, weil immer wieder welche zum Vorschein kamen.

"Es war schon eine ganz große Sache, die durch die Entwässerung gemacht wurde. Auf ganz nassen Wiesen, wo man die schlechte Futterqualität mit der Hand ein Stück wegtragen musste, konnte man nach kurzer Zeit mit dem Ladewagen und allen Maschinen fahren.

Durch die Düngung wurde auch die Futterqualität verbessert und vermehrt und die Bauern konnten dadurch ihren Viehbestand vergrößern. Es war aber auch eine ziemliche finanzielle Belastung, die durch die Kultivierung der Flächen die Bauern außer den öffentlichen Mitteln selber zu tragen hatten. Denn die Gesamtkosten für die ca. 1000 ha entwässerten Flächen betragen 11.500.000 Schilling." (2)

Quellenangabe:
(1) Bernhard Hofer, Ein interessantes Leben, Seite 72 und 73
(2) Bernhard Hofer, Ein interessantes Leben, Seite 74

Kerschbaum
1964
Verfasser

Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

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