Viehtreiben nach Linz

Viehtreiben nach Linz.

Ich habe in den dreißiger Jahren vier- oder fünfmal das Vieh für den Haider-Fleischhacker nach Linz auf den Markt getrieben. Meist an einem Sonntag sind die Bauern zum Haider gekommen und haben ihm gesagt, dass sie ein oder mehrere Stück Vieh zum Verkaufen hätten. Der Fleischhacker ist dann zu den Bauern und hat sich die Tiere angeschaut. Wenn man sich über den Preis einig gewesen ist, dann ist der Verkauf mit Handschlag besiegelt worden. Einen Tag vorher haben die Bauern selber oder wir das Vieh zum Haider getrieben und dort in den Maststall gestellt, wo es noch gefüttert worden ist. Nächsten Tag zwischen sieben und halb acht Uhr in der Früh haben wir die Tiere fort getrieben. Alleine habe ich sechs Stück Vieh getrieben. Vorne habe ich die zwei gut abgerichteten Ochsen hingetan, ein "Rabenvieh", das nicht recht gegangen ist, in die Mitte hinein und hinten wieder zwei, wie es halt dann gepasst hat. In der Mitte bin ich gegangen. Bei der langen Strecke ist man schon gescheit müde geworden. Ich habe auch noch den Rucksack zu tragen gehabt. Da ist die Jause drinnen gewesen, z. B. ein Stück Brot und Geselchtes und vier oder fünf Stricke. Wenn etwas passiert ist, hat man solche gebraucht. Auch ein Messer hat man mitgehabt, wenn vielleicht ein Tier zum Abstechen gewesen wäre. In einer Hand habe ich eine Peitsche gehabt und in der anderen den Strick von den angebundenen Tieren. Nach dem "Hüh und Hott" sind sie dann gegangen. Einmal habe ich vom Wirt in Deutsch-Hörschlag einen Schimmel und von einem Bauern in Edlbruck Pferde nach Linz gebracht. Das ist angenehmer gewesen, denn man hat auch reiten können. Man hat die Tiere entweder von Rainbach auf der Straße nach Freistadt und weiter bis Gallneukirchen getrieben und dann nach Linz oder über Reichenthal, Schenkenfelden, Hellmonsödt und durch den Haselgraben nach Linz.

Das erste Mal habe ich in Vierzehn keine Ochsen mehr gehabt. Da ist ein Störrischer dabei gewesen. Wir haben die Tiere verkehrt zusammengehängt gehabt. Die Bauern von Vierzehn haben mit mir einfangen geholfen. Beim Lias haben wir sie im Hof zusammengetrieben. Wir haben sie richtig zusammengehängt, und dann ist es anstandslos gegangen. In Neumarkt habe ich ihnen Wasser gegeben, bei einem Brunnen oder bei einem Bauern ist man dazu stehengeblieben. In Gallneukirchen hat man sie bei einem Wirt eingestellt. Dort hat man das Nachtmahl gegessen. Vom Haider habe ich ein "Zehrgeld" bekommen. Davon hätte ich mir das Essen und Trinken zahlen können. Da habe ich mir nur etwas zum Trinken gekauft. Gegessen habe ich die Jause, die ich mir mitgenommen habe. So habe ich mir Geld gespart. Wenn man durch den Haselgraben getrieben hat, haben wir beim Gasthof "Türkenloch" Station gemacht. Das ist das Gasthaus unterhalb der Ruine Wildberg gewesen. Das Vieh ist entweder in den Maststall gebracht worden oder es war im Hof. Da ist es mit Heu und Wasser gefüttert worden. Von den alten "odrahten" Treibern, ich bin ja ein junger gewesen, ist einer in der Wirtsstube gesessen und hat Bier getrunken und recht geredet und ein anderer hat hinten beim Stadl Heu herabgeworfen. Das haben wir den Tieren noch zusätzlich gegeben, aber bezahlt haben wir nichts dafür. Dort im Wirtshaus haben sich die Treiber mit dem Vieh getroffen. Der Graber von Leopoldschlag und der Reisinger Lois haben auch getrieben. Von unserem Treffpunkt aus sind wir bis Linz miteinander gegangen, damit wir uns gegenseitig helfen haben konnten, wenn einer ein Malheur gehabt hat. Oft haben wir uns aber auch schon in Freistadt getroffen. Das Vieh hat sich ein paar Stunden hingelegt, auch einige Treiber sind ins Bett gegangen.

Zwischen zwölf und ein Uhr nachts haben wir wieder zusammengepackt und haben dann gemeinsam nach Linz getrieben. Um ungefähr sieben Uhr sind wir dort gewesen. Autos und andere Fuhrwerke haben wir nur ganz wenige getroffen, dafür mehr Leute, die zu Fuß gegangen sind. Meist haben sie einen Stock über der Schulter gehabt, daran sind die Schuhe gehängt. Sie sind barfuß unterwegs gewesen. Erst kurz vor der Stadt haben sie die Schuhe angezogen. Einmal sind mir die Ochsen genau auf den Schienen der Straßenbahn stehen geblieben. Da habe ich Strafe zahlen müssen, weil ich die Ochsen mit der Peitsche ordentlich geschnalzt habe. Die Polizei ist gleich dagewesen. Die Fleischhacker, wie der Haider, sind am Vortag schon nach Linz gefahren, entweder mit dem Postauto, mit dem Zug oder ein paar Fleischhacker miteinander mit dem eigenen Auto. Sie haben in Urfahr im Gasthaus Budweis übernachtet. Wir haben die Tiere gleich zum Schlachthofgelände gebracht. Schon vor dem Eingang hat sie einer beschaut, sonst durften wir mit ihnen nicht hinein. Drinnen haben wir ihnen heimlich auch noch öfter Wasser zu trinken gegeben, damit sie mehr Gewicht gehabt haben. Jeder Fleischhacker hat da einen Stand gehabt, wie der Haider, der Preinfalk aus Leopoldschlag, der Hietler und andere. In diesen hat man sie hinein. Ich bin bei den Tieren stehengeblieben. Oft sind die Wiener-Juden ins Kaufen gekommen. Nicht selten haben sie sich auch mit den Verkäufern zerstritten. Einmal war der Haider so frech, dass sie ihm den schlechteren Ochsen nicht mehr abkaufen haben wollen. Wir haben aber unbemerkt diesen Ochsen auf den Stand vom Preinfalk gestellt. Dort haben sie ihn dann gekauft.

Meistens ist der Markt zwischen zehn und elf Uhr aus gewesen. Wenn das Geschäft schlecht gegangen ist, hat man das Vieh in einen Stall auf dem Markt bis zum nächsten Markttag, der in acht Tagen gewesen ist, einstellen müssen. Dafür hat man zahlen müssen. Man hat sie aber meistens billiger hergeben müssen. Manchmal hat man aber auch mehr als in der Vorwoche bekommen. Dann sind wir in ein Gasthaus gegangen, wo uns der Haider ein Mittagessen bezahlt hat. Auch das Fahrgeld für die Heimfahrt haben wir bekommen. Wir sind entweder mit dem Zug oder mit dem Auto anderer Fleischhacker heimgefahren.

Nach einem Gespräch des Artikelautors mit Maximilian Leitner (geb. 1908, gestorben ...ehemals wohnhaft in Summerau 122).
Erstmals veröffentlicht in dem Buch „Der Freiwald – Dorferinnerungen“ vom Arbeitskreis Geschichte und Kultur im Freiwald, erschienen im Verlag Bibliothek der Provinz, 3970 Weitra.

Rainbach i. M.
1932
Verfasser

Helmut Knogler (geb. 1949),
Labacher Straße 9,
4261 Rainbach i.M.

Info

Falls Sie zu diesem Thema Ergänzendes erzählen wollen oder Fotos zur Verfügung stellen können, dann teilen Sie uns dies bitte schriftlich oder per E-Mail mit. Wir sind gerne bereit Ihren Beitrag oder das/die Foto/s hier zu publizieren.

Jedwede Veröffentlichung dieses Artikels, auch auszugsweise, darf nur mit Erlaubnis des Autors (der Autorin) geschehen.
Bei Verwendung der Fotos ist zu bedenken, dass diese eventuell urheberrechtlich geschützt sind.