Sprengung von Fliegerbomben im Pilgerstorfer Steinbruch in Apfoltern

Sprengung von Fliegerbomben im Pilgerstorfer Steinbruch in Apfoltern.

"Nach den Kriegswirren, Ende Juli 1945, langten am Bahnhof Summerau fünf Waggons mit Fliegerbomben ein, darunter mehrere 1.000 kg Bomben, die zur Sprengung vorgesehen waren. Die Russen beauftragten die Bevölkerung, die Bomben aus dem Bahnhofsbereich an einen Ort zu schaffen, wo sie gesprengt werden können, ansonsten würden sie die Bomben am Bahnhof zünden. Daraufhin wurde von Bewohnern aus Summerau, Rainbach und Kerschbaum die gefährliche Fracht mit Ochsengespannen und Lastautos zum Pilgerstorfer-Steinbruch, am Abhang zur Feldaist, ca. 100 m östlich des damaligen RAD-Lagers (jetzt Siedlung Rainbach), befördert." (1)

"Mein Vater (Leitner "Godl"- Kerschbaum1) musste wie einige andere Kerschbaumer Bauern nach dem Krieg 250 Kilo schwere Fliegerbomben mit Pferd und Wagen von Kaplitz nach Rainbach zum Pilgersdorfer Steinbruch transportieren. Dort wurden sie von den Russen gesprengt. Vierzehn Tage lang täglich eine Fuhre mit je zwei Bomben. Ich kann mich noch erinnern, wie meine Mutter jeden Tag morgens weinte und wir Kinder immer um das Leben unseres Vaters zitterten. Man konnte ja nicht wissen, ob nicht so ein Ding explodierte. Außerdem waren die Zeiten unsicher. Die Tschechen mordeten unter der deutschen Bevölkerung fürchterlich, obwohl diese Transporte von den Russen begleitet und beschützt wurden, kam es öfters zu Übergriffen von der tschechischen Seite." (2)

"Ab dem 29. Juli 1945 wurde 3 Tage lang die Sprengung durchgeführt, wobei der russische Sprengmeister mit seinen Gehilfen jedes Mal eine Ladung von 5.000 kg zur Sprengung brachte. Bei der Detonation erzitterte die ganze Gegend. Durch die Erschütterung wurden zahlreiche Häuser der Ortschaften Rainbach, Stadln, Lichtenau, Helbetschlag, Apfoltern, Schlag und Grünbach sehr in Mitleidenschaft gezogen. Tausende Fensterscheiben zerbrachen, bei manchen Häusern entstand Totalschaden am Mauerwerk. Menschen wurden jedoch nicht verletzt." (1)

Den größten Schaden richtete die Sprengung in der nur ca. 250 m entfernten Hintermühle an. In seinen Aufzeichnungen berichtete Otto Stadler sen.:
„Drei Tage lang sprengten die Russen Granaten und Bomben in großen Mengen. Von unserem Haus flogen Dachziegel herunter, das Fensterglas war zur Gänze kaputt, die Mauern bekamen Risse und der Stall drohte einzustürzen. Meine Frau und die Kinder waren am Ende ihrer Kräfte. Am Abend ging ich zum Bürgermeister und bat ihn, den Russen zu sagen, sie mögen kleinere Sprengungen durchführen. Diese lachten aber nur dazu. So blieb uns nichts Anderes übrig, als das Haus zu verlassen. Am nächsten Morgen spannte ich meine zwei Ochsen vor den Leiterwagen und fuhr mit Frau und Kindern zum Nachbar „Fürtinger“, der uns aufnahm. Die Kühe konnte ich beim „Löxen“ einstellen. Ich blieb zuhause.

Die Granatsplitter versauten mir den Grund und beschädigten die Wälder. 100 m östlich des Steinbruches war ein schöner, schon schlagbarer Fichtenwald. Nach der Sprengung waren 80 % der umliegenden Wälder von Splittern schwerst beschädigt; nur mehr Stümpfe ohne Äste standen da. Das Holz konnte nur mehr als Brennholz verwenden werden. Mit großer Mühe und Rennereien zu den Ämtern bekam ich Glas und Dachziegel zur Ausbesserung der Behausung.“ (4)

"Beim Ackern auf den Feldern stieß man auf die scharfkantigen Splitterteile der Bomben. Ich selber habe einen Bombensplitter Ende der Fünfzigerjahren im Feld am Breitenreith ausgeackert (Luftlinie zum Sprengplatz etwa 1500 Meter)." (5)

"Auch mir, dem Verfasser dieses Berichtes, sind diese Sprengungen noch in guter Erinnerung. Meine Eltern wohnten zu dieser Zeit mit zwei anderen Familien (Familie Franz Osterkorn und Fam. Franz Jachs) im sogenannten „Irohaus“ in Rainbach Nr. 58 (jetzt Feuerwehrzeughaus). Bei den tagelangen Sprengungen verirrten sich auch Granatsplitter und bis zu faustgroßen Steinbrocken bis zu unserem Haus. Durch die Erschütterungen wurde der Stiegenaufgang in den 1. Stock derart in Mitleidenschaft gezogen, dass er unterpölzt werden musste." (3)

"Die Russen, welche die Sprengungen ausführten, gaben vor jeder Sprengung akustische Warnung mit einem Horn, damit die Bewohner der umliegenden Häuser in Deckung gehen konnten." (4)
"Man musste Haustüren, Türen und Fenster öffnen, damit sie durch die Druckwelle nicht eingedrückt wurden.

Obwohl ich damals noch ein kleiner Bub war, kann ich mich erinnern, dass wir Kinder uns vor einer Sprengung in der Stube unter die Bänke im Herrgottswinkel setzen mussten. Einmal stand ich vor der zugemachten Stubentüre, als eine Sprengung erfolgte. Durch die Druckwelle wurde die Tür aufgerissen und ich flog bis in die Mitte des Fußbodens in der Stube. Ich hatte dazumal immer schreckliche Angst, wenn eine Sprengung erfolgte." (5)

"Der Sprengmeister suchte mit seinen Gehilfen jeweils nach dem Zünden der Zündschnur in einem 150 m entfernten Unterbau, der im angrenzenden Hintermüllerwald errichtet wurde, Zuflucht. Dieser Unterschlupf wurde aus Baumstämmen mit einem Durchmesser von 30 bis 40 cm am Nordhang dieses Waldes errichtet und bot für mehrere Personen Platz. Noch einige Jahre später war dieser Unterstand noch zu sehen und wurde erst später entfernt.

Nach den Sprengungen war der Trichter des Steinbruches, der nach Osten hin geöffnet war, fast doppelt so groß wie vorher, denn neben den Bombensplittern flogen auch Erdreich und Steine bis zu 1 Kilometer weit. " (4)

Ich denke noch oft an die letzten Kriegstage und an die harte Zeit unmittelbar nach Kriegsende zurück, in der die Menschen so großes Leid und viel Kummer zu ertragen hatten.

Quellenverzeichnis:
1) Gemeindearchiv Rainbach, Ordner 1945, Beleg 78 (offensichtlich ein Zeitungsausschnitt)
2) Karl Leitner, Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.
3) Hans Stöglehner, eigene Erinnerungen
4) Nach Aufzeichnungen von Otto Stadler sen., in „Von der Dorfmauer bis zur Fensterlucka“, Arbeitskreis Rainbacher Zeitgeschichte, 1995, Seite 70 – 72 (leicht verändert und gekürzt) und Leopold Pötscher, Rainbach/M 1270 bis 1970, Band 2, Seite 13
5) Robert Reindl, Sonnberg 16, 4240 Freistadt (wohnte in der Kindheit in Apfoltern 1)

Apfoltern
1945
Fotos
apf-sprengung-potscher.jpg
Rauchwolken von der Sprengung wurden schon von Weitem wahrgenommen. - Fotografiert von Leopold Pötscher, Birkengasse 5, 4261 Rainbach i. M.
Verfasser

Hans Stöglehner (geb.1939), Stadln 5
4261 Rainbach i. M. (gest.2021)

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