Meine Volksschulzeit

Meine Volksschulzeit.

Am 29. September 1947 begann für mich der Ernst des Lebens. Für mich hieß es in die Schule zu gehen und zwar nach Rainbach i. M. Ich bekam einen „Schülerpack“ (Schultasche), der auch schon von meinen älteren Geschwistern benutzt worden war. In ihm befanden sich eine Schiefertafel mit einem Holzrahmen, eine hölzerne Federschachtel, darin befanden sich ein Griffel und ein Bleistift zum Schreiben, ein Schwamm und ein Tuch. Mit dem Schwamm wurde das Geschriebene auf der Tafel ausgelöscht und dann die Tafel mit dem Tuch trocken gewischt. Da der Schwamm meistens feucht war, baumelte er - an einer Schnur befestigt - außerhalb der Schultasche herunter. In unserem Klassenzimmer befanden sich sechzig Erstklassler unter der Obhut von Frau Lehrerin Ludovika Kummer, die mit viel Mühe uns Kindern Lesen und Schreiben beibrachte.

In die Schule wurde im Sommer und Winter zu Fuß gegangen. Im Sommer trug man Sandalen aus alten Autoreifen, die der alte Prem (Friesenecker Johann) herstellte, oder wenn es warm war, ging man barfuß. Im Winter trug man „Holzpackeln“, das sind Schuhe, bei denen der Vater den Schuhoberteil aus Leder auf eine Holzsohle aufgenagelt und mit Blechstreifen umrandet hatte, damit die Sohle länger hielt. Viele meiner Mitschüler hatten nicht einmal solche Schuhe. Sie gingen einfach mit Holzschuhen in die Schule, so äußerte sich die Not der damaligen Zeit.

Im Jahre 1950 wurde mit dem Bau der neuen heutigen Volksschule begonnen. Während die Mädchen Handarbeit hatten, hatten wir Buben Turnen (Leibesübung). Während des Schulbaues durften wir Knaben statt Turnen beim Schulbau Ziegel schupfen, was uns überhaupt nicht behagte.

Als ich ungefähr neun Jahre alt war, kaufte mein Onkel aus Rainbach von meinen Eltern eine Kuh. Mein Vater trieb die Kuh nach Rainbach. Da ich ohnehin zur Schule ging, musste ich „nachtreiben“, das heißt hinter der Kuh gehen und wenn sie nicht gehen wollte, bekam sie mit einer Rute eine über das Hinterteil.
Als Belohnung dafür bekam ich von meiner Tante fünf Schilling. Mit diesem Geld ging ich in das Kaufhaus Greul und kaufte mir einen Kugelschreiber (ab zirka 1950 auf dem Markt) um 4,50 Schilling. Ich war der erste in unserer Klasse mit einem so kostbaren Schreibgerät. Wir Schüler durften im Heft nicht mit einem Kugelschreiber schreiben, weil man angeblich mit diesem neuartigen Schreibgerät eine schlechte Schrift bekam. Wie ändern sich doch die Zeiten.

In der achten Klasse wurden die Kinder von Bauern auf Ansuchen der Eltern im Herbst und im Frühling jeweils 45 Tage für landwirtschaftliche Arbeiten beurlaubt, was sich natürlich auch nicht günstig auf den Lernerfolg auswirkte. Eine Hauptschule gab es nur in Freistadt. Nur wenige Kinder konnten sie besuchen, da Schulgeld und das Postauto zu bezahlen war, was sich viele Eltern nicht leisten konnten.

Rainbach i. M.
1947
Verfasser

Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

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