Treibjagd.
Wie jedes Jahr, wenn die Erntezeit beendet war und die Herbstzeit angebrochen war, gab es in unserer Gemeinde mehrere Treibjagden. Ich ging immer als junger Bursch einige Jahre vor meiner Hochzeit und auch noch einige Zeit danach mit als Treiber. Jedes Mal freute es mich, wenn wir Burschen oder Männer zur großen Treibjagd in Apfoltern vom zuständigen Revierleiter (Röbl Hubert) persönlich eingeladen wurden. Als Sammelpunkt für die vielen Jäger und Treiber war die Zufahrtsstraße zur Siedlung Rainbach. Eingeladen wurden viele Jäger aus Nachbargemeinden und Nachbarrevieren und „Bessere“ (=Personen, deren Dienste man später vielleicht einmal brauchen konnte). Begrüßt haben sie sich indem sie mit der linken Hand den Hut hoben und mit der rechten Hand einen kräftigen Händedruck austauschten. Zugleich sagte der eine „Weidmanns Heil!“ und der andere „Weidmanns Dank!“. Vor der Jagd wurden der im Kreis stehenden Jägerschaft vom Revierleiter einige wichtige Punkte vom Jagdgesetz mitgeteilt und wie viel Wild dieses Jahr geschossen werden durfte. Der erste Trieb begann pünktlich um 9 Uhr beim Steinbruch Pilgerstorfer.
Ein so genannter Ansteller sorgte dafür, dass sich die Jäger rund um den Wald bis zur Dornmühle formierten. Das dauerte schon eine ganze Weile. Dann blies der Ansteller in das Horn als Zeichen für den Beginn der Treibjagd. Der Jäger, der für das Revier zuständig war, und wir Treiber konnten jetzt mit lautem Gejaul das Treiben beginnen. Wir schlugen mit den in den Händen gehaltenen Haselnussstöcken auf die Bäume. Das Wild wurde dadurch aufgescheucht und flüchtete aus dem Wald. Die wartenden Jäger konnten jetzt leicht darauf schießen. Bei Beendigung des Triebes wurde geblasen. Wildbretfahrer in den 50er-Jahren war Kastner Karl (Gloisner) und später als er sein Haus in Apfoltern verkaufte und nach Freistadt gezogen war, Kohlberger Hans (Röbl). Auf seinen Leiterwagen, gezogen von zwei Pferden, wurden mehrere Stangen quer zur anderen Leiter befestigt, wo später das tote Wild aufgehängt wurde. Als Zielwasser wurde Bier und Kornschnaps mitgeführt, wo jeder oder manche öfters nach „Durst“ diese Getränke konsumierten. Nach Beendigung des ersten Triebes ging man herauf nach Apfoltern und weiter auf der damals wenig befahrenen Bundesstraße nach Vierzehn. Der zweite Trieb begann an der Gemeindegrenze Rainbach-Freistadt hinauf bis zum Kropfhammer. Der Kropfhammer (Heinerl wurde er immer genannt) tat mir oft leid, wenn er heraußen stand und sich einen Krauthasen als Geschenk erhoffte, den er selten oder nie bekam. Der dritte Trieb war dann die Breitenau, die bei der Dreißgerstraße begann und beim Pilgerstorfer endete. Es war dann schon späte Mittagszeit und die Jäger und Treiber gingen durch das Dorf hinunter zum Wirten Weißengruber um Mittag zu essen. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit begann der vierte und letzte Trieb. Er begann im Mühlholz, dann weiter die Bräuer Leitn und endete beim Heinzl (Hafner) in der Kranklau.
Es wurde dann das letzte Wild aufgeladen und aufwärts auf der Straße ging es zum Wirten Röbl (Maurerwirt ). Im Hofe wurde dann das Wild nach Sorten genau und in mehreren Reihen nebeneinander aufgelegt. Das erlegte Wild wurde vom Revierleiter genau gezählt und es wurde ein Vergleich zum Vorjahr angestellt. Die Pferde wurden mit Wasser getränkt und ein Haufen Heu wurde ihnen vor die Füße gelegt. Nun ging es hinein ins warme Gastzimmer, wo Jäger und Treiber getrennt bei Tische saßen. Jeder Jäger, der ein Wild geschossen hatte, zahlte dann uns Treibern einen Doppelliter Bier. Diesen Jäger ließen wir dann immer hoch leben. Wir tauschten oft mit dem Wirt, wenn viele Doppelliter zusammen kamen das Bier gegen eine gute Jause. Zur späteren Stunde, wenn sich der Alkohol bemerkbar machte, gab es bei den Jägern und Treibern ein großes Gaudium. Die Jäger redeten nur mehr im Jägerlatein und schnitten auf (=flunkerten), wo sie nur konnten. Man kann wirklich sagen, die Jäger sind ein eigenes Volk. Als Treiberlohn gab es in den 60er-Jahren 30 Schilling oder man konnte sich einen Hasen mit nach Hause nehmen. Uns Buben war das Geld lieber, denn für uns war es dazumal Mangelware. Wenn ich so zurückdenke, waren es schöne lustige Stunden, die ich nicht vermissen möchte. Wir freuten uns schon wieder auf das darauf folgende Jahr.
Verfasser
Robert Reindl (geb. 1943), Sonnberg 16, 4240 Freistadt
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