Saustechen vor Weihnachten

Saustechen vor Weihnachten.

In früheren Zeiten wurde immer nur zu den Festtagen gestochen, so auch vor Weihnachten. Das Saustechen zu den besonderen Feiertagen war immer ein „Fest“, aber auch eine Zeit mit etlichen notwendigen Vorbereitungen.

Große Geschäftigkeit herrschte schon am Vortag. Es wurden die Messer geschliffen. Wir Kinder mussten bei dem Schleifstein kurbeln, was uns nie freute. Vater hielt die Messer und Hacken an den von uns in Bewegung gesetzten runden Schleifstein und schärfte sie so. Der Sautrog musste herbeigeschafft und die Reim aufgestellt werden. Am Schlachttag benötigte man dann auch noch eine Menge heißes Wasser.

Bei uns, beim „Godl“ in Kerschbaum, stach immer ein Nachbar. Die Schweine waren meistens 200 bis 250 Kilo schwer, also ganz schöne „Resterl“. Das Schwein wurde nicht betäubt, darum musste es umgeworfen werden und zwei bis drei Personen setzten sich darauf, um es niederzuhalten, damit der „Stecher“ seines Amtes walten konnte.

Mutter fing mit einer Schüssel das Blut auf und rührt es, damit es nicht stockte. Sie brauchte es zum Blutwurst (Blunzn) machen. Das Schwein wurde im Trog mit heißem Wasser enthaart und dann mit dem Messer rasiert. Es wurde auf die „Reim“ gehängt und aufgebrochen. Die Gedärme wurden sauber geputzt und zum „Blunznmachen“ genommen. Die Blase wurde aufgeblasen. Sie diente dann uns Kindern als Ball.

Alle freuten sich auf das „grüne“ Fleisch, so nannte man das Frischfleisch. Ein Schnitzerl war sowieso ein Festmahl. Das Fleisch wurde dann eingesurt (eingepöckelt) und nach zirka 14 Tagen geselcht. Es gab also nur ungefähr 14 Tage Frischfleisch, dann wieder nur Geselchtes bis zum nächsten Schlachtfest. Verwendet wurde alles vom Schwein außer die Augen. Gustostücke waren auch Schwanz und Ohren.

Geschlachtet wurde auch kurz vor Ostern und kurz vor Pfingsten. Dann gab es bis zum nächsten Termin: Allerheiligen, also in den warmen Monaten, nur Geselchtes, das bis dahin öfters schon gelb wurde und nicht mehr gut schmeckte. Im Sommer konnte man nicht stechen, da ohne Kühlung das Fleisch verdorben wäre. Es gab zu dieser Zeit noch keine Kühlanlagen und Kühlgeräte in den Bauernhäusern.

Das Essen am Hl. Abend bestand in unserem Bauernhaus meist aus einer Suppe und einem „Hackbraten“. Das war faschiertes Fleisch mit einem Schweinenetz ummantelt. Am Christfesttag, am 25. Dezember, aßen wir zum Mittagsessen Schöberlsuppe, Schnitzel, rote Rüben und Kraut. Für damals war das also ein richtiges Festessen.

Kerschbaum
1949
Verfasser

Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

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