Muttertagsgrüße von der Front.
Josef Leitner aus Kerschbaum wurde im November 1943 im Alter von 17 Jahren zur Waffen SS zwangsrekutriert und nach der mörderischen Ausbildung in Holland zu den schweren Abwehrkämpfen in die Normandie verlegt. Er schrieb am 6. 5. 1944 an seine Mutter: Liebe Mutter! Da nun der Muttertag herannaht, so ist es mir eine heilige Pflicht, Dir einige Zeilen zu schreiben und mich für all Dein Mühen und Plagen zu bedanken, das ich doch derzeit nicht mehr machen kann. So danke ich Dir für alles, was Du mir Gutes getan in den Jahren, da ich noch das Glück hatte zu Hause zu sein. Ich kann nicht bezahlen für all diese schlaflosen Nächte, die Du bei mir verbracht hast, als ich als Kind auf dem Krankenlager darniederlag. Nur Dir habe ich es zu verdanken, wieder soweit zu kommen, um mich wieder mit geraden Gliedern bewegen zu können. Ich kann mich noch erinnern an so manche Nacht, wo Du an meinem Lager knietest, gebetet und geweint hattest. Was kann ich ja da verstehen von all Deinen Opfern und Mühen, mit der Du uns neun Kinder in Not und Pein in die Höhe brachtest. Ein anderer möge Dir alles einstmals vergelten, was doch wir niemals im Stande sind. Wir konnten uns keinen Begriff machen von all dem, was eine sorgende Mutter um ihre Kinder tut, um sie so gut als möglich zu erziehen. Liebe Mutter, darum bitte ich Dich vom ganzen Herzen um Verzeihung, was ich verfehlt hatte in meiner Zeit, wo ich nicht wußte, was eine Mutter ist. Nur die Schläge des Schicksals führen uns vor Augen, was man früher verfehlt hatte. Um so schwerer fällt es mir nun, wenn ich daran denken muß. So will ich alles nach Kräften gut machen, wenn ich nach Hause komme. So mögen Dir noch viele Lebensjahre beschieden sein, um noch recht lange eine sorgende Mutter zu haben. So schließe ich. Es grüßt Dich Dein ewig dankschuldiger Sohn Sepp! Lebet wohl und bleibt gesund !!
Josef Leitner ist bei Metz in Frankreich durch zwei Kopfschüsse gestorben. Er liegt im deutschen Soldatenfriedhof Andilly neben 35000 anderen deutschen und österreichischen Soldaten begraben.
