Landarzt Anfang der 1950er Jahre.
Von 1948 bis 1951 war ich, Dr. Franz Raffetseder, Turnusarzt im Krankenhaus Freistadt. Die ersten drei Monate hatte ich nur Kost und Quartier, dann 200 Schilling im Monat. (Die Putzfrau bekam 350 Schilling im Monat). 1951 war ich 3 Monate Vertreter von Dr. Schädler in Rainbach. Ich bekam die Chance, die Praxis zu übernehmen. Das Problem war, dass ich Dr. Schädler etliche Sachen abkaufen musste. Mein Schwiegervater und ein Herr aus Freistadt liehen mir Geld, dass ich die 60.000 Schilling Anzahlung leisten konnte. Das alte Gerümpel hat mir viel Geld gekostet. In der Hausapotheke waren fast nur alte Medikamente, zum Teil waren sie von der Deutschen Wehrmacht. Ein Kurzwellenbestrahlungsgerät ebenfalls von der Wehrmacht war kaputt und konnte auch nicht repariert werden. Da waren auch lauter alte Instrumente, die auch zum Großteil von der Wehrmacht waren. Die ganze Einrichtung war desolat. So begann ich im Oktober meine Praxis als Gemeindearzt für Rainbach und Leopoldschlag.
Als Fahrzeug hatte ich ein Puchmotorrad (125 cm³) zur Verfügung. Dieses tauschte ich bald auf eine 250 cm³ Puch um. Im Sommer war das Motorradfahren ganz schön, im Winter war aber der Bär los. Im Schneesturm nachts mit dem Motorrad in der Kälte unterwegs zu sein, war oft höllisch und dies oft einige Male. Da es keine motorisierte Schneeräumung gab – es wurde nur händisch mit der Schneeschaufel geräumt und da auch nur, wenn sich der Sturm wieder gelegt hatte. Dies hat oft Tage gedauert. Da musste ich oft mit dem Pferdeschlitten ausfahren, auch nachts. Da hat es auch einige Umschmisse gegeben, besonders dann, wenn der Kutscher oft nicht ganz nüchtern war. Es ist aber nie etwas passiert, denn im Schnee sind wir weich gefallen. Ich kaufte dann Dr. Schädler den alten Wehrmachts-Volkswagen ab. In dieser Zeit war ein neuer Wagen sowieso nicht zu bekommen, ja nicht einmal ein altes Fahrzeug. Mit diesem Wagen hatte ich auch meine liebe Not. Die Seilzugbremsen froren im Winter ein. Sie mussten aufgeheizt werden. Zweimal brannte der Wagen durch einen Kabelbrand. Mit dem Wagen bin ich im Winter oft im Schnee stecken geblieben. Oft musste ich deshalb lange Fußmärsche absolvieren, um Hilfe zu holen, um den Wagen wieder aus dem Schnee zu ziehen. In einem Winter versuchte ich deshalb meine Visiten mit den Schiern zu machen. Das hab ich aber wieder gleich aufgegeben, denn auf dem Heimweg schleppte ich nicht nur meinen Rucksack, sondern auch meine Schier. Damals war aber die Fahrerei auch im Sommer kein Vergnügen, da ja die Ortschaften nur auf schmalen, holprigen, dreckigen Wegen erreichbar waren.
Ich hatte auch am Sonntag Ordination, oft von 8 bis 13 Uhr, denn am Sonntag gingen die Leute in die Kirche, ins Geschäft und zum Doktor. Anfangs hatte ich keinen einzigen freien Tag. Dieser wurde von mir dann später eingeführt, was den Leuten gar nicht recht war, denn sie waren der Meinung: Ein Doktor muss ja immer da sein.