Kriegsende in Labach

Kriegsende in Labach.

In Labach sollte während des 2. Weltkrieges ein Truppenübungsplatz errichtet werden, dafür hätten sechs Familien von ihren Häusern gehen müssen: Scherbhansl, Scherb, Landorfer, Prager, Kernecker, Eibensteiner. Wir sollten ins Sudetenland übersiedeln, in Pfarrhöfe, aus denen sie die Pfarrer verjagt haben. Mein Vater hat gesagt: „Ich gehe nicht weg, lieber lasse ich mich erschießen!“ Er wäre auf keinen Fall weggegangen. Wir versprachen eine Kapelle zu errichten, falls wir bleiben durften. Der Krieg ging Gott sei Dank zu Ende und wir waren noch immer hier. Die Kapelle steht beim Scherbhansl. Auf diese wollten wir den Spruch schreiben: "Aus Dankbarkeit zu Gottes Ehr, steht die Kapelle hier, weil er beschützt in schwerer Zeit die teure Heimat mir." Doch das war zu lang, darum schrieben sie: "Gott wollt nicht seh´n, dass wir von unserer Heimat sollten geh´n". Drinnen ist ein goldenes Bild mit der Maria, wie sie die Hände ausbreitet und uns alle beschützt.

Zu Kriegsende wurden hier viele Autos einfach stehengelassen, die Insassen gingen zu Fuß weiter. Eines der Autos war voll mit Konserven. Eine Freundin und ich wollten uns mit einem Handwagen und einem Tragatsch (=Schubkarren) davon holen. Wir luden uns alles voll und wollten fahren, doch plötzlich kam ein junger Bursche daher, einer von den „Werwölfen“, wie sie sich nannten, die zu Kriegsende noch zum Militär eingezogen wurden. Ein ganz junger Bursche. „Das gehört nicht euch, ihr müsst alles wieder abladen“, befahl er. „Dir gehört es aber auch nicht!“, entgegneten wir. Daraufhin zog er seine Pistole und hielt sie uns vor. Uns blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen und leer nach Hause zu fahren. Es war einfach furchtbar, das kann sich niemand vorstellen. Diese Werwölfe, die noch durch die Gegend gezogen sind.

Dann kamen die Russen. Uns haben sie das gesamte Haus ausgeraubt. Ich besaß nicht einmal mehr eine zweite Garnitur Kleidung. Alles haben sie gestohlen. Meine Schwester und ich waren für drei Wochen in der Ober Gschwandt, dort waren die Amerikaner. Die Bahnlinie bildete die Grenze. Die Russen haben uns jeden Tag gesucht. Nach drei Wochen war es wieder besser, dann hat uns unser Vater wieder heimgeholt. Das war eine schwere Zeit. Ich kann nur hoffen, dass kein Krieg mehr kommt.

Ein anderes Mal fand ich in einem der stehen gelassenen Autos eine Schreibmaschine, die ich mitnahm. Einer der Nachbarn hatte keine Kinder. Sie hatten ein Mädchen adoptiert. Dieses heiratete kurz nach dem Krieg einen Mann aus Haslach; dieser benötigte eine Schreibmaschine. Ich gab sie ihm. Dafür bekamen wir genügend Stoff für zwei Kleider. Meine Schwester und ich bekamen dafür ein Kleid.

Mein Bruder war beim Militär, er getraute sich anfangs nicht nach Hause. Er hatte Angst erschossen zu werden und blieb in Gallneukirchen. Erst als sich die Lage etwas beruhigt hatte, kam er nach Hause.

Wir haben das alles überlebt. Nach und nach wurde vieles besser.

Interview mit Frau Maria BIRKLBAUER (Sie erlebte diese Zeit als Schülerin)
aufgenommen im Altenheim Rainbach, am 16.Februar 2011

Labach
1940-1949
Fotos
la-kapelle.jpg
Diese Kapelle errichteten 1951 Labacher Familien aus Dankbarkeit, weil sie am Ende des 2. Weltkrieges nicht ausgesiedelt wurden, da der Bau eines geplanten Truppenübungsplatzes nicht mehr verwirklicht wurde. - Fotograf: Leopold Pötscher, ehem. Rainbacher Heimatforscher und Volksschuldirektor
Verfasser

Interview aufgenommen und niedergeschrieben von von den HauptschülerInnen Helene Birklbauer, Nicole Fleischanderl, und Gerald Weglehner

Info

Falls Sie zu diesem Thema Ergänzendes erzählen wollen oder Fotos zur Verfügung stellen können, dann teilen Sie uns dies bitte schriftlich oder per E-Mail mit. Wir sind gerne bereit Ihren Beitrag oder das/die Foto/s hier zu publizieren.

Jedwede Veröffentlichung dieses Artikels, auch auszugsweise, darf nur mit Erlaubnis des Autors (der Autorin) geschehen.
Bei Verwendung der Fotos ist zu bedenken, dass diese eventuell urheberrechtlich geschützt sind.