Hüten und der Lepolditag.
Nach der Getreideernte begann für uns Kinder das Hüten des Viehs auf der Weide. Ich habe diese Zeit nie gemocht, weil dabei bei schlechtem Wetter die Zeit nie vergehen wollte. Wir trieben das Vieh durch das Dorf Apfoltern, beim Bauernhaus Hörbst vorbei, dann durch einen links und rechts mit einem Holzzaun eingezäunten Weg weiter bis zur Weide. Es war eine einschnittige Wiese (wurde nur einmal gemäht) und das zweite angewachsene Gras wurde abgeweidet. Da die Weide beim Pelnarsch bis zur Breitenau sehr schmal und nach einigen Tagen das süße Gras abgefressen war, musste man als Hüterbub sehr viel umherlaufen um das Vieh am eigenen Grund zu halten. Um ab und zu einen schöneren Nachmittag zu haben stahlen wir öfters Viehsalz von zu Hause. Dieses streuten wir auf der schon großteils abgegrasten Wiese aus. Wir brauchten uns lange nicht um das Vieh kümmern, denn die Tiere leckten so lange am Rasen, bis zum Teil die Erde zum Vorschein kam. Später, als die Wiese abgeweidet war, trieb man das Vieh auf eine andere Wiese durch den Viehtrieb Breitenau hinaus zum Breitenreith. Die ältere Kuh war die Leitkuh und alle Tiere außer die Jungtiere gingen vom Pelnarsch auf einem tief ausgetretenen Steig genau hintereinander durch den Viehtrieb bis zur besagten Wiese.
Die Tage wurden immer kürzer und die Zeit verging dann sehr schnell und im Nu war der 15. November, der Leopolditag da. Wegen des Reifs auf den Wiesen trieb man die Tiere erst spät am Vormittags hinaus, hütete über Mittag und trieb sie, wenn nachmittags der kalte Nebel aufstieg, früher nach Hause. Eine alte Bauernregel sagte: Leopoldi (15. November) hin Leopoldi her, braucht der Bau kan (keinen) Hüter mehr. Man hatte dann als Hüter einen „Freibrief“ und konnte das Vieh hintreiben, wo man wollte, auch auf den Grund des Nachbarn. Wir trieben oft unser Vieh bis hinein in die Vierzehnergründe, aber die Vierzehnern Bauern kamen mit ihren Tieren nie herauf nach Apfoltern. Das Hüten auf diesen großen Wiesen war besonders schön, weil man sich oft den ganzen Nachmittag nicht um die Tiere kümmern musste.
Wir vertrieben uns dann die Zeit mit dem Bau eines Ofens. Jeder Bauer hatte seinen eigenen Schermhaufen (Metallabfallhaufen) im Wald. Hier konnte man sich brauchbaren Teile für einen Ofen zusammensuchen. Steine gab es überall genug. Diese legten wir im Viereck zusammen und füllten die Zwischenräume mit Erde aus. Seitlich steckten wir ein altes Ofenrohr hinein. Darüber legte man eine alte Ofenplatte und fertig war der Ofen. Wir holten uns dann vom nächstgelegen Wald Reisig und Äste, die wir über das Knie abrechen konnten, und entzündeten dieses Brennmaterial im Ofen. Im Spätherbst, wenn die kühle Zeit kam, war man oft froh, wenn man sich wärmen konnte. Manchmal nahmen wir Kartoffeln von zu Hause mit und brieten sie direkt im Ofenfeuer. Ein gebratener Kartoffel mit verkohlter Schale war in der frischen Luft für uns eine Delikatesse. Am Abend kamen wir mit schwarzen Händen und Gesicht nach Hause, die Haare und das Gewand stank vom Rauch, aber selber roch man es nicht mehr. So gab es auch schönen Seiten beim Viehhüten, wenn auch nur sehr selten.