Holzbeschaffung zum Kochen und zum Heizen für den Winter.
Die Familie Oberreiter wohnte nach der Vertreibung aus der Tschechoslowakei (Oberhaid) nach dem zweiten Weltkrieg bei ihren Verwandten im ersten Stock des Kapl-Gasthauses in Summerau in einem einzigen Raum. Josef Oberreiter, der hier geboren wurde, verfasste eine Familiengeschichte, in der u.a. auch folgendes zu lesen ist: Eine besondere Herausforderung für eine Familie nach dem zweiten Weltkrieg war die Beschaffung des Brennmaterials. Es war für das alltägliche Kochen als auch für das Heizen der Wohnung notwendig. Mutter Aloisia Oberreiter sorgte dafür, indem sie jährlich große Mengen Reisig hackte. Bauern, die im Winter Bäume geschlagen hatten, überließen die Äste jenen, die sie gebrauchen konnten. Aloisia Oberreiter arbeitete zahlreiche Überreste von solchen Schlägerungen auf, indem sie die Äste zu Reisigbündeln kleinhackte. Nach dem Trocknen im Sommer wurden die Bündel im Herbst heimgefahren und im sogenannten Marstall des Kapl-Hauses gelagert, von wo sie bei Bedarf meist von den Kindern in die Wohnung getragen wurden. Zum Reisighacken wurden fast immer die Kinder mitgenommen, die dann den ganzen Tag im Wald spielen mussten. Als Verpflegung gab es meist nur eine Kanne mit kaltem Wasser und Brot. Selbstverständlich musste das überlassene Reisig und der Heimtransport der Bündel durch Arbeiten der Aloisia Oberreiter beim Bauern, von dem das Holz stammte und der es transportierte, durch Arbeitsleistung auf dessen Hof oder Grund abgegolten werden.
Zusätzlich zum Reisig brauchte man Hartholz. Dieses musste Vater Josef Oberreiter beschaffen, was besonders anstrengend war. Er opferte dafür den Großteil seines Urlaubs, der damals nur zwei Wochen betrug. Bauern erlaubten Interessenten die Wurzelstöcke von geschlagenen Waldbäumen auszugraben. Dabei musste der Wurzelbereich der Baumstrünke mit Krampen und Schaufel freigelegt, die dünneren Wurzeln abgehackt und der Wurzelstock herausgehoben werden. Zu dieser schweißtreibenden Arbeit zog meist die ganze Familie mit dem nötigen Werkzeug und der Verpflegung am Morgen in den Wald und kam erst am Abend wieder zurück. Die ausgegrabenen Wurzelstöcke wurden später zerteilt, meist ein Jahr getrocknet und dann mit der Hand, später mit einer Kreissäge, zerschnitten. Die Wurzelstücke wurden dann an der Hofwand des Freudenthaler- Hauses gestapelt. Bei Bedarf holten die Oberreiter-Kinder Holz von dieser Holztriste. Die Überlassung der Wurzelstöcke, der Transport des Holzes und die Überlassung einer Kreissäge wurde mit Arbeitsleistungen von Josef und Aloisia Oberreiter abgegolten. Eine gewisse Erleichterung beim Wurzelgraben brachte Mitte der 50er Jahre das Wurzelsprengen. Dabei brauchten die Wurzelstöcke nur noch oberflächlich ausgegraben werden. Danach wurde - natürlich händisch - eine etwa 4 cm breite Bohrung bis in die Mitte des Wurzelstocks gebohrt. Auf diese Art wurden alle Wurzelstöcke des Waldbereiches vorbereitet und der Schwager Michael Elmecker - als Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer dürfte er dafür die Berechtigung gehabt haben - trat auf den Plan: Er erschien mit einigen Dutzend Kilogramm Donarit-Sprengstoff und Sprengschnüren am Sprengplatz. Auch die Oberreiter- Kinder durften an dem Spektakel teilnehmen. In die Bohrlöcher wurden die Donarit-Stangen eingeführt und mit einer Sprengschnur verbunden. Dann mussten sich alle Personen in größerer Entfernung hinter einem Baumstamm verstecken. Michael Elmecker schrie laut: „Achtung Sprengungl!". zündete die Sprengschnur und versteckte sich ebenfalls rasch hinter einem Baumstamm. Mit einem ohrenbetäubenden Knall zerbarst der Wurzelstock. Wurzelteile, Holzsplitter, Steine und Erdklumpen flogen durch die Luft. Nach der Sprengung aller Wurzelstöcke wurden Wurzelteile gesammelt und nach Hause transportiert. Im Laufe der Jahre konnte in Folge der Besserung der finanziellen Verhältnisse öfter Brennholz zugekauft werden und das Wurzelgraben fand allmählich ein Ende.
Verfasser
Josef Oberreiter, 4249 Linz
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