Das "Rauschspinnen"

Das "Rauschspinnen".

„Wer kann heute mit den Begriffen, wie Raschzodn, Reischpåtschn oder Seegråsmatråtzn, noch etwas anfangen? Dahinter steckt ein wichtiger Rohstoff vergangener Tage, der nur einige wenige Generationen lang im Rampenlicht stehen durfte. Seegras-Segge (Carex brizoides) ist der offizielle Name der zugrunde liegenden Pflanze, ein häufiges Sauergras der oberösterreichischen Wälder, die im Mühlviertel „Rausch“ genannt wurde.“(1)

Wenn im Sommer auf den sauren Wiesen (nassen Wiesen) in Waldnähe der Rausch (Seegras) zirka 0,75 cm gewachsen war, wurde der Rausch gerafft (ausgerissen). Er wurde deswegen gerafft, weil dabei die Faser länger blieb als beim Mähen. „Das Rupfen oder Reißen des Rausches war auf jeden Fall eine schweißtreibende Tätigkeit. Man musste ihn sehr fest in die Hand nehmen, damit man sich nicht an den scharfrandigen langen Blättern schneidet ... und dann das viele Bücken!“(1)
Zuerst wurde er am Waldrand getrocknet und dabei wie Heu gewendet. Am Heuboden wurde er dann getrocknet, bei Schönwetter dauerte das etwa eine Woche. Das Spinnen des Rausches erfolgte in den folgenden Tagen, wenn gerade keine andere Arbeit wichtig war. Dazu brauchte man eine besondere Vorrichtung: Eine kurze Stange, die an einem Ende einen Haken und am anderen Ende eine Kurbel hatte, war in einem Lagerbock so angebracht, dass man sie drehen konnte. Dieses oft meist selber hergestellte Gerät wurde auf einem Zimmerstock angeschraubt. Eine Person musste kurbeln, eine andere hängte den Rausch in den Hacken ein. So entstand beim Drehen ein Zopf (Strick) mit zirka 6 Meter Länge. Dieser wurde auf zirka 1 Meter zusammengelegt und dann wieder zusammengedreht. Diese Bündel wurden dann gelagert.

Ein Teil wurde zum Füllen des Strohsack (Strohsackschoppen) verwendet. Statt auf Matratzen lag man früher auf einem Sack aus Leinen, der in der Mitte eine etwa 50 cm lange Öffnung hatte, durch die er mit Stroh befüllt wurde. Wir daheim verwendeten statt Stroh den Rausch (das Seegras) Die Rauschzöpfe wurden dafür aufgelöst und fest in die Hülle gestopft. Auf dieser Füllung lag man schon besser als auf dem Stroh. Der Rest wurde an den Sattlermeister Leitner in Rainbach verkauft „Bei uns in Oberösterreich wurde der Rausch von Sattlern und Tapezierern vor allem für Matratzenfüllungen, Polsterungen und fürs Kummet verwendet. Mit dem Begriff „Kummat“ oder „Kummet“ bezeichnete man das Pferdegeschirr. Der Rausch diente dabei zum Ausstopfen des Kummetkissens“. (1) Manchmal verkauften wir den Rausch auch dem Kaufgeschäft Resch in Freistadt.

(1) Text in Schrägschrift - Artikel von Michael Hohla in der Zeitschrift “Der Bundschuh 17-2014“

Kerschbaum
1950-1959
Verfasser

Text in Normalschrift:
Karl Leitner, Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

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