Wenn früher jemand starb

Wenn früher jemand starb.

Wenn in früheren Zeiten (bis ungefähr 1974 in Kerschbaum) ein Mensch in die ewige Heimat fort ging, mussten sich die Angehörigen, in deren Haus der Verstorbene zuletzt gewohnt hatte, um sämtliche Besorgungen anlässlich dieses Sterbefalles selbst kümmern, da es bis dahin keine öffentliche Bestattung gab.

Wenn der Tod schon nahe war, wurden die nächsten Nachbarn eingeladen, um mit dem sterbenden Menschen zu beten. War er gestorben, wurde der Leichnam (Körper des/r Verstorbenen) mit Essigwasser gewaschen und frisch angezogen. Dann wurde sie auf einem Holzgestell, das mit weißen Tüchern abgedeckt war und auf denen Kurzgebete gestickt waren, aufgebahrt (darauf gelegt).

Man musste einen Vorbeter einladen, der die Aufgabe hatte, beim „Nachtwachten“ und beim Begräbnis mit dem Beten zu beginnen. Ich kann mich noch erinnern, dass drei Rosenkränze und einige Litaneien gebetet wurden. Das dauerte bis zu drei Stunden. Dazwischen wurde eine Pause eingelegt. Man bekam Bier und Brot. Wenn man die Jause nicht zu sich nahm, hieß es, dass man davon angeblich Zahnweh bekäme.

Eine „Leutbitterin“ brauchte man auch. Sie ging von Haus zu Haus und zur Verwandtschaft um zum Begräbnis einzuladen. Sie wurde von den Eingeladenen mit Mehl, Eiern und Fleisch dafür entlohnt. Das alles gab sie in eine große Stofftasche. Fein säuberlich getrennt wurde „Roggenmehl und Weizenmehl“. Die „Leutbitterin“ war meist eine weniger begüterte Frau, die so in Zeiten der Not einige Lebensmittel bekam. Es mussten auch Gemeindeamt, Pfarrer, Totengräber, Kirchenchor, Mesner und eventuell auch die Musikkapelle eingeladen werden. Kränze, Totenbilder etc. musste man sich selbst besorgen.

Am Begräbnistag wurde die verstorbene Person mit dem Leichenwagen, dem zwei Pferde vorgespannt waren, abgeholt. Dabei wurde bei einer Art Prozession von Kerschbaum bis Rainbach gebetet. Beim Auszug aus dem Dorf wurde auch noch mit der Dorfglocke geläutet.

Die Begräbnisse wurden je nach Vermögen der Angehörigen in drei Klassen begangen. Klasse 1 gab es bei meist größeren Bauern und wohlhabende Geschäftsleuten. Bei diesen Begräbnissen wurden alle Gemeindebürger eingeladen. Es wirkten die Musikkapelle, drei Geistliche, zehn Ministranten und sämtliche Vereine mit. Das Begräbnis war um 11 Uhr Vormittag. Klasse 2 war für die weniger begüterten Bauern und Gewerbetreibenden. Dabei wurden die Verwandtschaft und die Ortsbewohner eingeladen. Das Begräbnis fand um 10 Uhr Vormittag mit einem Geistlichen und vier Ministranten statt. Begräbnisse der Klasse 3 waren für Knechte, Mägde, Einleger und sonstige „arme Teufel“. Sie wurden nur vom Kaplan ohne Ministranten mit nur wenigen Beteiligten um 8 Uhr morgens begraben. Es wurde nur ein Papierkranz für das Grabkreuz gekauft, der nach einigen Tagen abgenommen wurde, um ihn zu Allerheiligen wieder als Grabschmuck zu verwenden. Er wurde verwendet, bis er nicht mehr zu gebrauchen war.

Kerschbaum
1960-1969
Verfasser

Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

Info

Falls Sie zu diesem Thema Ergänzendes erzählen wollen oder Fotos zur Verfügung stellen können, dann teilen Sie uns dies bitte schriftlich oder per E-Mail mit. Wir sind gerne bereit Ihren Beitrag oder das/die Foto/s hier zu publizieren.

Jedwede Veröffentlichung dieses Artikels, auch auszugsweise, darf nur mit Erlaubnis des Autors (der Autorin) geschehen.
Bei Verwendung der Fotos ist zu bedenken, dass diese eventuell urheberrechtlich geschützt sind.