Vom Detektor zum Internetradio.
Vor kurzem erhielt ich eine Fotoaufnahme vom Ort Rainbach, auf dem man eine fast Maibaum große Stange sieht, die dort steht, wo heute das Haus Tröbinger (Trafik) ist. Von der Spitze dieser Stange hing ein Draht bis zum Traxlerhaus, der sich dann auf zwei aufteilte und anschließend wieder zu einem vereinte. Laut Erzählungen des verstorbenen Herrn Heinzl („Hafner“) aus der Summerauer Straße war dies die Antenne für einen Detektor, so hießen die ersten Radioempfangsgeräte, des Doktor Zemann. Er war in der Zeit von 1924 bis 1930 Gemeindearzt in Rainbach. Bei diesen Empfangsgeräten hatte man noch keinen Lautsprecher. Man konnte nur mit einem Kopfhörer etwas hören, meist recht schlecht und mit vielen Knacksern. Der Sender wurden mit einer Metallfeder, die auf einen Kristall drückte, eingestellt. Man musste die Spitze der Feder so lange an verschiedenen Stellen des Kristalls platzieren, bis man etwas hörte. Einen Vorteil hatten diese Radios: Sie benötigten keinen Strom. Herr Heinzl, ein passionierter Bastler, schenkte mir einen alten Katalog der Firma Max Böhnel aus Wien. Dort bestellte er die Teile, aus denen er sich seinen Detektor baute. Er war der zweite in unserem Ort, der so Radio hören konnte. Richtige Radios mit einem Lautsprecher gab es dann erst nach 1938 unter dem Hitler-Regime. Die Radios wurden preiswert verkauft, weil man in ihnen eine gute Möglichkeit sah, Propaganda für die damalige Ideologie machen zu können. Mein Großvater, der in Summerau wohnte, schaffte sich zu dieser Zeit auch ein solches Gerät an, das man "Volksempfänger" nannte. Als Stromquelle dienten bis zur Elektrifizierung in den Orten unserer Gemeinde Anfang der 1950-er Jahre Batterien, die aufgeladen werden mussten. Viele brachten diese zu Herrn Heinzl in Rainbach, der schon ans Stromnetz angeschlossen war und ein Aufladegerät besaß. In meiner Kindheit, Anfang der 1950-er Jahre, hatten meine Eltern ein Radio mit Kurz- und Mittelwellenempfang, das aus der Steckdose den Strom bezog. Der Empfang der damals zwei österreichischen Radiosender war während des Tages relativ gut. Man benötigte nur mehr ein kurzes Stück Draht als Antenne und eine Erdung. Mit einem besonderen Schalter konnte man bei einem Gewitter die Antenne erden. Am Abend und in der Nacht verbesserte sich der Empfang so, dass man viele Sender, alle aus dem Ausland, empfangen konnte. Das hatte aber den Nachteil, dass man oft zwei Sender gleichzeitig hörte und dann nichts verstand. Ende der 1950-er Jahre propagierte man die Geräte mit UKW-Empfang, die einen störungsfreien Empfang versprachen. Hier wurde wieder eine besondere Antenne benötigt. Die Radiogerätehändler Schweiger oder Schicho aus Freistadt brachten persönlich das Radiogerät und montierten den speziellen Antennendraht im Zimmer, bzw. am Dachboden selber.
Auch meine Eltern kauften 1958 ein UKW Radio. Das Radio Marke "Horniphon" lief nicht ganzen Tag. Man hörte meist nur die Nachrichten und einige beliebte Sendungen. Ich erinnere mich noch an „Autofahrer unterwegs“ und an das „Wunschkonzert“. Durch Veränderung der Antenne versuchte ich oftmals, den Empfang zu verbessern und mehr Sender zu empfangen. Eines Tages bemerkte ich dabei, dass ich den Ton des damalig einzigen österreichischen Fernsehprogrammes hörte. Ab diesem Zeitpunkt hörte ich oft Fernsehsendungen, da wir noch kein Fernsehgerät besaßen.
Ende der 1950-er Jahre wurden tragbare Radios mit Batteriebetrieb aktuell. Mein Vater kaufte auf mein Drängen ein gebrauchtes Kofferradio, so nannte man diese Geräte, beim Radiohändler Schicho in Freistadt um 500 Schilling. Das war damals viel Geld. Am Sonntag Nachmittag nahmen wir dieses mit in den Wald auf den Pirauberg zu unserer Bienenhütte, wo wir dann Musik hörten. Auch auf Spaziergängen hatte ich es in einer Umhängetasche, natürlich in eingeschaltetem Zustand, mit.
Nach meiner Hauptschulzeit besuchte ich in Linz ein Gymnasium. Ich lebte während der Woche in einem Heim in der Nähe des Linzer Senders. Um ein paar Schilling kaufte ich mir ein Detektorradio im Linzer Radiogeschäft Rieseneder. Mit diesem konnte ich abends im Bett mit einem Kopfhörer Radio hören, aber nur den Linzer Sender. Strom benötigte das Gerät nicht, aber eine gute Antenne. Als solche diente der Metallfedereinsatz meines Stahlrohrbettes, an den ich den Antennendraht meines Detektorradios mit einer Krokdilklemme anschloss. Das Gerät war so groß wie eine Lutschtablettenschachtel und hatte die Form einer Rakete. Aus dem oberen spitzen Teil der roten Rakete ragte in der Mitte ein Stift, mit dem man durch Herausziehen oder Hineinschieben den Sender einstellen konnte. Dabei wurde ein Kohlestift in einer Pappröhre, die mit Drähten umwickelt war, hin und her bewegt. Ich war zu dieser Zeit der einzige Schüler in diesem Heim, der so einen Luxus besaß. In der Ferienzeit, die ich daheim verbrachte, war das Drahtgitter unseres Gemüsegartens meine dafür benötigte Antenne.
Heute nutze ich ein Radio, mit dem man über Internet tausende Sender aus aller Welt in bester Qualität hören kann. Meine Stereoanlage ist am Sat-Receiver, mit dem man über Sat-Schüssel die Fernsehprogramme empfängt, angeschlossen. Ich nutze diesen Receiver auch, um Radioprogramme zu empfangen. Es ist doch ganz interessant, wenn man selber die Entwicklungsgeschichte eines technischen Gerätes von den Anfängen an miterleben konnte.
Fotos
Verfasser
Helmut Knogler (geb.1949), Labacher Straße 9, 4261 Rainbach i. M.
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