Triste Wohnverhältnisse in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg

Triste Wohnverhältnisse in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg.

Ich bin in Deutsch Hörschlag geboren beim Katzmayr, in dem alten Häusl. Als ich zwei Jahre alt war, sind wir nach Rainbach gezogen, zum Bauer „Steinkellner“. Der Vater wäre Steinmetz gewesen. Er hat aber keine Arbeit gehabt. Vater und Mutter haben auf dem Bauernhof gearbeitet, damit wir dort wohnen durften. Vieh durften sie sich auch halten. Manchmal haben sie Schweine verkauft, damit sie etwas Geld hatten. 1910 hat im Häusl vom Steinkellner der Blitz eingeschlagen. Es brannte lichterloh. Meine Eltern hatten dort Ziegen, Ferkel und eine Henne. Der Vater rannte noch durchs Feuer. Er konnte jedoch nichts mehr retten. Meine Großmutter hatte in dem Häusl auch den Flachs, den sie für die Bauern gesponnen hatte. Der Flachs und das Gesponnene ist verbrannt. Wir hatten jetzt nur mehr das, was wir anhatten. Alles war verbrannt. Der damalige Kooperator Ennsgraber ging zu einigen Bauern, um etwas für uns zu erbitten. Ein paar Kleidungsstücke konnte er für uns auftreiben. Dann sind wir dort in die Wohnung gekommen, wo der Kohlberger Fritz (heute Lichtenauer Straße 8) wohnt. Dort sind drei meiner Brüder geboren. 1915 sind wir Kinder mit meinen Eltern zu einem anderen Bauer in Rainbach gezogen. Dort waren wir bis 1926. Mein Bruder Hermann ist dort geboren. Arbeit fanden meine Eltern vorerst immer noch keine. Sie kamen mit dem Lebensunterhalt durch, weil sie sich Tiere halten durften. 1916 bekam mein Vater eine Arbeit bei der Post. Er war Briefträger. 1918 kam er dann zu Eisenbahn, zuerst zum Oberbau. Aber bald ist er im Pumpenhaus Summerau Pumpenwärter geworden.

In meiner Kindheit habe ich oft bei meiner Ahnl (Großmutter) geschlafen. Die wohnte im Fröllerhaus (heute Lichtenauer Straße 8), weil für unsere Familie mit den vielen Kindern in unserer Wohnung (zwei kleine Räume) sehr wenig Platz war. In unserer Wohnung gab es furchtbare Zustände. Schwaben haben wir in Unmengen gehabt. Die ganze Wohnung war in der Nacht ganz schwarz. In der Früh, wenn es wieder hell wurde, waren sie wieder weg. Gestunken hat es dann aber immer noch nach ihnen. Im gemauerten Ofen gab es eine größere Öffnung für die Holzscheiter. Dort waren die Schwaben drinnen. Meine Mutter hat Wasser gekocht und dieses dort hineingeschüttet. Das hat sie ein paar Tage lang gemacht. Da sind sie in Unmengen herausgeschwommen. So hatten wir dann doch so halbwegs Ruhe vor ihnen. Auch der Jauchegraben ist durch die Kammer durchgegangen. Da stand ein Bett darüber. Da hat der Vater geschaut, dass er ein paar Bretter bekommen hat, die er darüber legen konnten. Ratten hatten wir auch viele. Da hat mein Vater einmal in der Nacht auf sie gewartet. In einer Nacht hat er einmal zwölf Ratten gefangen. Auf einer Seite unserer Stube war die Stallmauer. Die war ganz braun. Flöhe und Läuse hatten wir auch.

Ausschnitt aus einem Gespräch mit Anna Raffetseder (zuletzt wohnhaft in Summerau 200, schon verstorben) bearbeitet und zusammengestellt vom Artikelautor Helmut Knogler.

Hörschlag
1926
Verfasser

Helmut Knogler (geb. 1949),
Labacher Straße 9,
4261 Rainbach i.M.

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