Sonntag Vormittag damals in Rainbach

Sonntag Vormittag damals in Rainbach.

In den 1950er Jahren sahen es fast alle PfarrbewohnerInnen als Pflicht, an Sonntagen und an kirchlichen Feiertagen am Gottesdienst in ihrer Kirche in Rainbach teilzunehmen, auch wenn dies oft mit Unannehmlichkeiten verbunden war. War doch die Meinung der Kirche damals, dass dies für das Seelenheil unerlässlich und das Fernbleiben Sünde sei.

In Bauernhöfen stand man deshalb an einem solchen Tag schon früher auf (oft schon um halb fünf Uhr) und fütterte das Vieh. Dann hieß es das Feiertagsgewand und die am Vortag geputzten Schuhe anziehen und sich auf den Weg zur Kirche machen. Zu Fuß brauchten dafür manche, je nach Entfernung, eine Stunde oder mehr und in diesen Jahren gab es noch richtig schneereiche Winter, ohne Schneeräumung. Somit konnte so ein Kirchgang für Erwachsene und Kinder durchaus eine körperliche Herausforderung sein.

Einige Männer, aber vereinzelt auch Frauen, fuhren zur Messe auch mit einem damals noch sehr „wertvollen“ Fahrrad. Frauen vor allem dann, wenn sie alleine die Frühmesse besuchten, um zum Kochen wieder zuhause zu sein.
Und „bessere“ Bauern fuhren angenehmer mit dem Pferdegespann. Im Sommer mit einem Steirerwagerl und im Winter mit dem Pferdeschlitten. Das Gespann wurde bei dem Wirt eingestellt, bei dem die Bauersleute nach der Messe auch einkehrten. Diese Unterstellwirte beschäftigten für das Aus- und Einspannen der Pferde eigens Jungknechte, die dann bei der Heimfahrt vom Bauern oder der Bäuerin 20 Groschen, manchmal sogar 50 Groschen bekamen (eine Halbe Bier kostete im Lokal gut zwei Schillinge). Aber auch der Pferdeknecht zuhause am Hof konnte auf Lob und Belohnung hoffen, wenn die von ihm herausgeputzten Pferde des Bauern am Ortsplatz Anerkennung fanden.

Die erste Messe war schon um halb sieben Uhr, die zweite dann um acht und die dritte um halb neun Uhr. Drei Gottesdienste waren deshalb notwendig, da ohne dem heutigen Kirchenzubau im Norden damals die vielen Gottesdienstbesucher in der Kirche sonst nicht Platz gefunden hätten.

Zum Kirchgang gingen Männer in dunklem Anzug mit Hut. Frauen trugen, wie auch ältere Mädchen, Kleider mit einem Kopftuch oder auch einem Hut. An besonderen „Heiligen Tagen“ trugen manche Frauen schwarze Kleider und sogar weiße Handschuhe.

Die Kirche war nicht geheizt und im Winter war das Sitzen auch oft dementsprechend kalt. ln den Bankreihen links saßen fast ausschließlich nur Frauen und Mädchen und in den Bänken rechts meist nur Männer und Buben, vereinzelt auch Frauen. Bei Kindern war es egal, auf welche Seite man sich setzte, entweder links zur Mutter oder rechts zum Vater. Manche Leute hatten einen fixen Sitzplatz, welcher im Kirchenstuhl durch ein kleines Metallschildchen mit ihren Namen markiert war und wofür jährlich im Pfarrhof bezahlt werden musste. Viele dieser reservierten Sitze befanden sich links, in den ersten Sitzreihen nach dem Mitteleingang. Die erste Bank ganz vorne war für die Klosterschwestern des damaligen Altersheimes reserviert und auch in den vorderen Bankreihen sollten die Schulkinder sitzen – so hatte die am Chor mitwirkende Lehrerin Frau Ludovika Kummer stets ein Auge auf sie – und es soll vorgekommen sein, dass diese bei Bedarf auch durchaus vom Chor herunter kam und einen der Burschen öffentlich „überschübelte“.

Das niedrige hölzerne Provisorium „mittlere Empore“ und die rechte Seite der „hohen Empore“ wurden nur von Männern besetzt. Die linke Hälfte der „hohen Empore“ war für den Kirchenchor reserviert. Der Chor setzte sich hauptsächlich aus LehrerInnen und Großbauern/Bürgern zusammen.

Und hinten im Glockenhaus (Turm) standen immer die gleichen Männer, die bereits bei der Kommunion ausgingen, um sich schon früher beim Wirten zu treffen. Nach der Messe sah man dann speziell vor dem Gasthaus „Maurerwirt“ viele Männer auf der Straße zusammen stehen. Sie unterhielten sich und tauschten Neuigkeiten aus - oft die Basis für den üblichen „Dorftratsch“. Aber auch Vieh wurde gehandelt, vom Viehhändler ausständiges „Viehgeld“ abgeholt und so mancher eilte auch zu einem Mann, der eine weiße Feder auf dem Hut trug. Dies war der „Sauschneider“. Mit ihm vereinbarte sie einen Termin, zu dem er auf den Hof kommen sollte.

Viele Leute machten sich „nach der Kirche“ gleich wieder auf den Weg nach Hause. Die Frauen erledigten oft zuvor noch ihre Einkäufe, denn viele kamen nur am Sonntag nach Rainbach. Dazu hatten einige schon vor der Messe beim einem der an diesem Vormittag geöffneten drei Krämer ein kleines Büchlein mit gewünschten Waren, wie zum Beispiel Rosinen, Zucker, Kaffee, Germ, Tabak, Knöpfe, Bänder, ….……, hinterlegt. Da war die Gemischtwarenhandlung Greul am Platz. Hier gab es nebst Lebensmittel auch Kleidung, Wäsche, Petroleum und eine Tankstelle. Ebenfalls am Platz war der Lebensmittelhändler Mathias. Bei diesem gab es besonders gut schmeckenden Zuckerl in selbst gefertigten Papierstanitzeln, der Wunschtraum von uns Kindern, der leider nur manchmal Realität wurde. Und auf der Summerauer Straße war das Kaufgeschäft Röbl mit Lebensmitteln, Kohlen und einer Tankstelle. Aber auch das Schuhgeschäft Fleischanderl hatte geöffnet. Von hier trug man die gekauften Schuhe oder schwarzen Gummistiefel stolz in der Schuhschachtel, mit einer Schnur zugebunden und einem in die Schnur eingehängten Griff nach Hause. Beim Bezahlen des Einkaufes kramte so manche Frau ihr zugebundenes „Schneuztuch“ (Taschentuch aus Stoff) heraus, entnahm diesem das Geld, legte das Retourgeld zurück und band das Tuch mit einem Knoten wieder zu.
Mit meiner Großmutter ging ich oft in die Brotverkaufsstelle der Bäckerei Pirklbauer, die im Messnerhaus die Familie Wagner betreute. Noch heute läuft mir das Wasser im Mund zusammen, wenn ich an die Golatsche denke, die mir meine Oma manchmal kaufte.

Für andere, zum Beispiel „große Bauern“ und Bürger, gehörte es einfach dazu, im Gasthaus einzukehren und ein Beuschl zu essen, etwas zu trinken, sich mit anderen zu unterhalten und dann erst nach Hause zu gehen. Bei diesen Bauern kümmerte sich ja die Dirn um die Zubereitung des Mittagessens zuhause.

Die Unterhaltung der Kirchenbesucher beim Wirt und während des Gehens war oft nicht nur für die Erwachsenen, sondern auch für uns Kinder recht interessant und unterhaltsam.
Meist ging man nicht nur auf der Straße, sondern oft auf ausgetretenen Steigen, die über Wiesen und an Feldern vorbei führten, denn auf ihnen war die zurückzulegende Strecke meist kürzer und manchmal nicht so schmutzig, wie als auf der Straße. Und nicht zu vergessen, nach dem Kirchgang hieß es, sofort das „Kirchengewand“ ausziehen, sauber ausbürsten und aufhängen.

Mitte der 1950er Jahre kam der Hörbst aus Apfoltern mit seinem VW-Bus in einzelne Ortschaften und brachte Personen, die nicht mehr so gut zu Fuß waren, gegen Bezahlung nach Rainbach und nach dem Gottesdienst wieder zurück. In Summerau machte dies Josef Waldhauser ebenfalls mit einem VW-Bus. Als Volksschüler durfte ich manchmal um einen Schilling im Kofferraum des Busses mitfahren. In Kerschbaum erzählt man, dass auch einige Zeit sogar ein Postauto von Kerschbaum nach Rainbach als Kirchenbesuchertransport verkehrte.

Ergänzt von Johann Lonsing nach Informationen von seiner Mutter.

Gemeinde Rainbach
1950-1959
Fotos
kircheninnenraum.jpg
Kircheninnenraum-Aussehen 1950er Jahre - Bildarchiv Marktgemeinde Rainbach i. M.
Verfasser

Helmut Knogler (geb. 1949), Labacher Straße 9, 4261 Rainbach i. M.

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