Seilwinden anstelle von Zugtieren.
Seilwinden anstelle von Zugtieren bei Bauern in Summerau
Mit Ausnahme vom Bauern „Hofer“ in Summerau 41, der seit 1941 einen Traktor besaß, mussten bis da Kühe, Ochsen und Pferde als Zugtiere die meist schwer beladenen landwirtschaftlichen Fuhrwerke heim in die Bauernhöfe ziehen. Das war, speziell auf den steilen Südhängen zum Dorf, sehr beschwerlich und oft nur mit weiten Umwegen möglich.
Anfang der 1950er Jahre wurde auch das Dorf Summerau an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Der elektrische Strom bot da eine neue, bis dahin nicht bekannte, Antriebsquelle, den Elektromotor. Mit diesem konnte man, nebst Dresch- und Futterschneidmaschinen, zum Beispiel auch Seilwinden antreiben.
Der Bauer „Fossenbau“ auf Summerau 10 und der Wirt und KIeinlandwirt Kapl auf Summerau 15 nutzten diese Möglichkeit für ihre sehr steilen Gründe am Südhang und investierten in stationäre Seilwinden. Der eine, weil die Umwege für die Heimfahrt zu weit waren und der andere hatte kein Zugtier und auch keinen befestigten Weg vom Grund über den relativ steilen Hang zum Haus.
Beim „Fossenbaun“ war die Seilwinde im Hof unter einer Überdachung aufgestellt. Das abgespulte Seil lief durch die Tenne zur oberen Umlenkrolle bei einem großen Birnenbaum und von da über weitere Umlenkrollen, den Hausweg, in den langen „Fossenbaun Graben“ hinunter. Zum Abspulen wurde oben das Windenseil hinten an die leeren Wägen befestigt und mehreren Personen oder Zugtieren zogen den Wagen den steilen Weg hinunter. Dabei wurde das von der Winde ablaufende Seil hinten nachgeschleppt. Zum Beladen und Weiterfahren auf den Feldern und Wiesen waren Pferde oder Ochsen vorgespannt. Danach wurde der volle Wagen am Weg wieder an das Windenseil angehängt, jetzt vorne an der Deichsel. Mit einem Signalhorn gab der Wagenlenker das Signal zum Windenstart nach oben, wo im Hof der Windenfahrer mit dem Seilaufspulen startete und so den Wagen im Schritttempo den Weg hinaufzog. Der Wagenlenker ging dabei den ganzen Weg mit hoch. Seine Aufgabe war es, durch Lenken mit der Deichsel, die Fuhre mittig am Weg zu halten und die Wagendeichsel samt dem Zugseil sicher über die Umlenkrollen zu führen. Mit dem mitgeführten Signalhorn konnte er nebst dem „Winde an beim Hinauf“ auch die Signale für „Winde halt beim Hinauf oder Hinunter“, „Winde Weiterfahrt“ und „Winde Nothalt“ geben.
Wegen der langen, uneinsichtigen Gründe gab es beim „Fossenbaun“ ein zweites Signalhorn, mit dem zum Beispiel die Bäuerin oder die Stubendirn „zum Essengehen“ geblasen haben. Nach der letzten Umlenkrolle, oben beim Birnenbaum, konnte die Fuhre dann mit der Seilwinde bis in die Tenne oder bis in den Hof gezogen und dort entladen werden.
Zu diesem Hochfahren noch eine Anekdote: In Summerau sagten die Leute spaßhalber „beim Fossenbaun haben so einen starken Knecht – der zieht ganze Fuhren mit der Hand den Berg herauf“. Die Tranportseilwinde betrieben die „Fossenbaunleut“ für alle Arten der Ernteeinfuhr aus dem „Fossenbaun Graben“ bis Anfang der 1960er Jahre. Dann wurde der erste Traktor, ein Steyrer 188, angeschafft.
Beim Kapl transportierte man mit der Seilwinde nur Heu und Grummet aus dem „Grabi“ herauf zum Haus. Die Winde und der Motor standen auf einem Betonsockel in einem Wetter-Holzverschlag an der Südostseite des Hauses und der Motor trieb die Winde über einen Flachriemen an.
In den „Graben“ hinunter gab es drei Umlenkrollen. Eine lenkte das, mittig am Grund, von der Winde kommende Seil nach rechts in Richtung Böschung. Die zweite Rolle änderte die Seilrichtung direkt die steile Böschung hinunter. Und die dritte lenkte wieder um, weiter den „Graben“ hinunter. Diese Rollen waren mit Ketten an tief in den Boden eingeschlagenen Pflöcken, oder wenn möglich, an Bäumen befestigt.
Im steilen Gelände zogen zwei Personen den leeren Leiterwagen, mit dem hinten eingehängten, ablaufenden Zugseil, über diese Rollen das „Grabi“ hinunter. Bei dieser Talfahrt wurde der Wagen auch immer beladen.
Da es bei Kapl kein Zugtier gab, galt es, unten auf ebenem Gelände den Wagen mühsam händisch weiter zu schieben, auch zum Beladen. Und das lange Zugseil musste hier unten auch separat zum Wagen nachgeschleift werden.
Zum Hochziehen, das Seil vorne an der Deichsel befestigt, ging es mit drei Personen dann zurück ins Dorf hinauf. Diese mussten den beladenen Wagen mittig über die drei Umlenkrollen lenkten und durch „Anhalten“ mit Gabeln ein Umkippen der Fuhre verhindern. Oben beim Haus galt es dann nur noch die Fuhre zum Abladen in die Scheune zu schieben. Bei Kapl war die Transportwinde bis 1971 bis zum Kauf eines Steyrer T80-Traktors in Betrieb.
Auch hier noch eine Anekdote: Der Sohn einer Summerauer Familie hat so wie damals viele schon in den letzten Schuljahren hin und wieder das Zigarettenrauchen ausprobiert. Und so gab es eines Tages beim Kapl eine große Aufregung, denn aus der Windenhütte stieg dicker Rauch auf. Ein Feuer vermutend, stürzten die Hausleute zur Hütte und fanden in dieser den oben genannten Zigaretten paffende, Schüler vor. Da der Mundartausdruck für Zigaretten paffen „pofeln“ war, blieb besagtem Jugendlichen bis zu seinem Lebensende der Spitzname „Pofi“.
(Niederschrift nach Gesprächen mit Maria Piringer, Johann Kapl und Johann Lonsing sen. im Jahr 2023)
Fotos
Verfasser
Ing. Johann Lonsing,
Summerau Mitte 23, 4261 Rainbach i. M.
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