Schulalltag in den 1920er Jahren.
Maria Reisinger wohnte, als sie zur Schule ging, im ehemaligen Bahnwärterhäsuchen der Pferdeeisenbahn nahe der Hörschläger-Kreuzung. Sie schrieb über ihre Schulzeit:
Als ich 1924 in die erste Klasse Volksschule in Rainbach kam, begann das Schuljahr Anfang Mai. Es gab 5 Volksschulklassen. Eine Klasse war im Haus Rainbach 77 (heute Kindergarten), weil im Schulhaus (heute Marktgemeindeamt) zu wenig Platz war. Ich musste sechs Jahre in die Volksschule gehen. Hauptschule gab es keine. Nach diesen sechs Jahren musste man noch bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres in die „Donnerstagsschule“ (Unterricht nur am Donnerstag). An diesem Tag hatten andere Schüler frei, dafür hatten sie dann am Samstag Unterricht.
Zur Schule ging ich wie alle Schüler von den äußeren Dörfern auch zu Fuß, im Sommer die meisten Tage barfuß, im Winter mit Holzbundschuhen (damals Holzbummerl genannt).
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Alois Payr wohnte im Wächterhaus der Bahn Summerau-Budweis beim Bahnübergang des Zulisser-Steiges. Er erzählte:
„Im Winter habe ich mir im Schnee bis zum Pferdeeisenbahnviadukt bei der Hörschläger-Straße den Pfad selber austreten müssen. Von dort war es dann auf der Straße schon besser gehen. Mit den Holzbundschuhen (das waren Schuhe mit einer Sohle aus Holz, oben aus Leder, jedoch höher als die heutigen Halbschuhe) war es im Schnee schlecht gehen, da oft der weiche Schnee auf den hölzernen Sohlen kleben blieb. Die lederne Schultasche mit zwei Riemen zum Umhängen trugen wir auf dem Rücken.
Unser Gewand hängten wir auf einen Schragen (= lange Leiste mit Haken). Hier hatten die einzelnen Kleidungsstücke nacheinander Platz.
Wir saßen in langen niedrigen Bänken, meist vier Kinder nebeneinander. In den Bänken waren Öffnungen, in denen Tintengläser steckten. Die ersten Schulsachen waren eine kleine Tafel und ein Griffel, mit dem man darauf schreiben konnte. Außerdem hatten wir einen Schwamm, damit wir das Geschriebene wieder löschen konnten. Im zweiten Schuljahr haben wir auch noch großteils darauf geschrieben. Dann hat es erst Hefte gegeben. Zuerst haben wir mit Bleistift geschrieben. Als wir schon ein wenig Übung hatten, haben wir mit Tinte geschrieben. Auch ein Lesebuch haben wir gehabt.
Als Jause hatten wir meist ein Stück trockenes Brot mit. Manchmal bekamen wir von den Eltern auch einen Kreuzer, dass wir uns bei den „Bäcker-Mendscha“ einen Wecken kaufen konnten."
Zu Mittag hatten wir von 11 bis 12 Uhr frei. Im Sommer gingen wir mehrere Schüler in der Mittagspause auf die „Baun-Wiese“ (hinter dem Bauernhof Leisch- heute Pürcher nördlich vom Pfarrhof). Dort spielten wir entweder „Hier ist es grün … oder „Der Kaiser schickt Soldaten aus“ und ähnliche Spiele. Dann kam öfter Herr Leisch mit der Peitsche, weil wir ihm beim Spielen das Gras nieder traten. Da liefen wir auf der Straße schnell aufs „Mesner-Feld“. Nachdem Herr Leisch wieder beim Tor hinein gegangen war, spielten wir wieder auf der Wiese weiter.
In der Schule beteten wir vor Beginn des Unterrichtes und nach dem Unterricht. Von Mai bis zu den Ferien, diese waren von Mitte August bis Mitte Oktober, mussten wir an Schultagen täglich zur Hl. Messe um 7 Uhr Früh gehen. Wir stellten uns dazu am Straßenrand vor dem Schulgebäude an, vorne die Buben, dahinter die Mädchen. Herr Oberlehrer Klopf sagte uns schon, wenn er aus dem Schulhaus kam, welche Lieder wir beim Gottesdienst singen. Er war ja Organist. Wir gingen dann gemeinsam mit einer Lehrperson in die Kirche. Wir Mädchen saßen links in den Bänken, die Buben rechts.
Im Advent gingen viele Schüler, auch von den Außendörfern freiwillig in die „Rorate“ (=Adventgottesdienst) um 7 Uhr in der Früh.
Im Sommer, wenn es über 25 Grad hatten, hatten wir „Hitzeferien“. Da durften wir um 11 Uhr heimgehen.
Im Winter wurde mit einem Kachelofen geheizt, der in jeder Klasse stand. Im Winter durften wir Schüler zu Mittag zum Maurerwirt „Suppen essen“ gehen. Diese kostete nicht viel. Im Winter 1928-29 war es sehr kalt. Es hatte öfter unter minus 30 Grad. Da wurde die Schule einige Wochen geschlossen.
Fotos
Verfasser
Text in Normalschrift: Sprachlich leicht veränderte Niederschrift von Maria Reisinger (geb. 1918), ehemals wohnhaft in der Summerauer Str. 32, 4261 Rainbach i. M.
Text in Schrägschrift: Nach einem Gespräch mit Alois Peyr (geb. 1902), ehemals wohnhaft in 4261 Rainbach i. M., Salzweg 6
Zusammengestellt von Helmut Knogler, Labacher Str. 9, 4261 Rainbach i. M.
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