Schweinefleischverwertung anno dazumal

Schweinefleischverwertung anno dazumal.

Nach dem Saustechen lagerte der Bauer die Schweinehälften über Nacht in einem kühlen Raum. Nächsten Tag wurden sie in ihre Teile zerlegt: vordere und hintere Haxerl, Stelzen, Halsränken oder Goder. Der Rücken („Hoiruck“) und die Rippenteile wurden herausgelöst und in kleinere Stücke (portionsgroß) zerhackt. Die Ripperl kamen in die Selchkammer, die Rückenstücke in eine "Rein" und wurden gebraten. Ebenso löste man die Innereien wie Nieren, Herz, Leber, Lunge und Milz heraus. Vom "Fischerl" (Lungenbraten) machte die Bäuerin meistens Schnitzel. Der "Filz" (Fettschicht des Bauches) wurde ausgelöst, in kleine Würfel geschnitten und in einer großen "Rein" ausgelassen. Das so entstandene Schmalz seihte man in große Töpfe ab und bewahrte es so für das Kochen auf. Die "Grammeln" ergaben eine gute Füllung für die "Grammelknödeln".

Indessen hatte man einen Kessel mit Wasser gefüllt und darin das Schädelfleisch, magere Randstücke und Schwarten gekocht. Dieses gekochte Fleisch wurde zusammen mit einem Stück roher Leber, etwas Gekrösefett (Darmfett) und in Milch eingeweichten Semmeln fein faschiert, mit zerdrücktem Knoblauch, Pfeffer, Salz, Paprika und Zwiebeln vermengt und gut durchgearbeitet. Das Ganze wurde dann in Stücken des Dünndarmes gefüllt, die an den Enden zugebunden wurden. Diese waren die Leberwürste.

Aus gekochtem Speck, etwas faschierten Schwarten, würfelig geschnittenen Semmeln, allenfalls Grammeln, Salz, Gewürzen und dem Blut bestand die Fülle für die Blunzen, die in ca. 20 cm lange Stücke des Darmes eingefüllt wurden. Die Blunzen und Leberwürste wurden nochmals in dem Kessel gekocht, in jener Brühe, in der schon vorher die Zutaten gekocht wurden. Diesen Kochvorgang nannte man das "Briten".

Einige Bäuerinnen machten auch Bratwürste. Dazu nahmen sie rohes, durchzogenes, faschiertes Fleisch, Pfeffer, Salz und Gewürze. Mit etwas lauwarmer Brühe aus dem Kessel wurde das Ganze zu einer zähen Masse geknetet und in dünne Därme gefüllt. Geselcht waren sie länger haltbar.

Die gekochte Lunge und das Herz wurden grobnudelig geschnitten und ergaben fein gewürzt und mit Mehl eingebrannt das wohlschmeckende Beuschel.

Mittlerweile war die Zeit bereits weit fortgeschritten, und die letzten Arbeiten wurden verrichtet. Die großen Fleischstücke wurden in "Ränken" (längliche Fleischstücke) geschnitten, ziemlich stark mit Sursalz eingerieben und in ein großes Holzschaff eng geschlichtet. Vorher wurde aus reichlich zerdrücktem Knoblauch, zerkleinerten Lorbeerblättern, gestoßenen Pfefferkörnern eine "Fleischsur" angesetzt, die über das Fleisch gegossen wurde, bis alle Ränken bedeckt waren. Mit Brettern abgedeckt und mit schweren Steinen beschwert, verblieb das Fleisch rund drei Wochen in dieser "Sur" liegen und konnte dann geselcht werden.

Eine besondere Delikatesse waren die "Schweinsmaisen". Hiezu wurde nur gutes mageres Fleisch verwendet. Mit dem "Wirgmesser" (zweistieliges halbrundes Messer) wurden die Fleischstücke ganz fein zerkleinert, mit Salz, Pfeffer, Paprika und Kümmel gewürzt. Ein bisschen Mehl zur Bindung mengte man bei. Das "Maisenfleisch" formte die Bäuerin mit den Händen zu Knödeln, und zum Schluss schlug sie die Knödel ins Schweinsnetz ein. Mit darübergestreutem Kümmel, im Rohr gebraten und mit etwas Wasser übergossen, schmeckten diese "Schweinsmaisen“ als Festtagsschmaus (meist an hohen Festtagen) allen ausgezeichnet. Manche Bauern selchten auch die "Schweinsmaisen", sie waren dann länger haltbar.
Vom Schwein wurde so ziemlich alles verwertet. So auch die "Schweinsblase". Sie diente dem Pfeifenraucher als Tabaksbeutel. Die Blase wurde ausgeleert und mit einem Pfeifenspitz bis zur ca. 10fachen Vergrößerung aufgeblasen. Fest zusammengebunden hing sie dann etwa drei Wochen zum Trocknen entweder auf dem Dachboden oder über dem Ofen in der Küche (sehr zum Ärgernis der Bäuerin). Nach der Trocknung wurde der Beutel mit den Händen weich gerieben. Zur Vergrößerung der Öffnung schnitt der Pfeifenraucher einen Teil des "Blasenhalses" ab. Zum Schluss säumte die Bäuerin den neuen Tabaksbeutel noch mit einem Band, damit der Raucher den Beutel auch zubinden konnte. Die alten, schlechten Tabaksbeutel dienten im Winter als Kälteschutz. Sie wurden über die Vorderfüße gestülpt und hielten so die Füße warm.
Verfasser: Stefan Eder (geb.1955), Vierzehn 27, 4240 Freistadt
Nach einem Gespräch des Artikelautors mit Maximilian Leitner (geb. 1908, gestorben ...ehemals wohnhaft in Summerau 122) und den Familien Brandstetter aus Vierzehn.
Erstmals veröffentlicht in dem Buch „Der Freiwald – Dorferinnerungen“ vom Arbeitskreis Geschichte und Kultur im Freiwald, erschienen im Verlag Bibliothek der Provinz, 3970 Weitra.

Gemeinde Rainbach
1950
Verfasser

Robert Reindl (geb.1943),
Sonnberg 16, 4240 Freistadt
und
Alfred Payer, 4262
Leopoldschlag, Brunnfeld 13

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