Ferien bei der Firmpatin in Apfoltern

Ferien bei der Firmpatin in Apfoltern.

Mein Vater fuhr mich in den Ferien mit der Pferdekutsche nach Apfoltern zu meiner Firmpatin, die mich bei der Firmung eingeladen hatte. In einer Tasche hatte ich einige Utensilien und einiges an Wäsche, was man eben für einige Tage braucht. Ich hatte ohnehin keine große Auswahl an Bekleidung.

Herrlich war es bei der Patin. Es gab dort noch ein Mädchen in meinem Alter, eine Nichte der Patin. Wir schlossen bald Freundschaft. Wir hatten aber auch Aufgaben und zwar mussten wir auf die kleineren Geschwister des Mädchens aufpassen. Ein Kleines war noch im Kinderwagen spazieren zu fahren. Die Eltern des Mädchens, die Mutter war die Schwester meiner Patin, hatten ein Wirtshaus und waren daher froh, wenn manchmal jemand auf die Kinder aufpasste. Die Nichten meiner Patin sollten einmal das große Bauernhaus erben, weil die Besitzer, meine Patin und deren Mann, keine Kinder hatten. So machten wir zwei Mädchen uns nützlich.

Es war eine herrliche Zeit für mich. Die Dienstboten, zwei Mägde, zwei Knechte, die Patin und auch der Bauer, alle waren gut zu mir. Die Zeit verging wie im Flug, das Ende der Ferien nahte. Ich schnürte wieder mein Bündel, verabschiedete mich von allen und trat den Heimweg an. Die Patin gab mir noch einige gute Äpfel und ein Geldgeschenk mit.

Es war ein langer Weg von Apfoltern nach Prendt zu mir nach Hause, ca. zwei bis drei Stunden. Leise summte ich beim Gehen so manches Kinderliedchen, das wir Mädchen beim Baby aufpassen sangen. Eines weiß ich noch ganz genau: "Petersilie, Suppenkraut wächst in unsern Garten, unser Ännchen ist die Braut, soll nicht lang mehr warten. Roter Wein und weißer Wein, morgen soll die Hochzeit sein.“ So trampelte ich schon eine halbe Stunde dahin. Ich war schon müde und dachte, dass es noch lange dauern würde, bis ich daheim wäre. Als ich bereits außerhalb von Rainbach war, kam hinter mir ein Ochsengespann daher. Ich ließ das Gespann vorbeifahren. Da drehte sich der Mann auf dem Wagen um und sagte: „Na Dirnei, wohin gehst du?" Ich antwortete: „Nach Prendt.“ „Oh weh, " sagte er, „das damachst du net. Komm, spring' auf den Wagen, ich nehm' dich mit, ich fahr' sowieso durch das Prendter Dorf." Das ließ ich mir nicht zweimal anbieten und kletterte auf seinen Fuhrwagen. Er hatte einige Säcke geladen. Der Mann sagte, dass er in Summerau am Bahnhof war und jetzt heimfahre nach Riemetschlag. Das traf sich gut und ich war sehr froh, nicht mehr so weit gehen zu müssen. Die Ochsen gingen zwar auch nicht schneller als ich, aber ich konnte neben dem Fuhrmann am Sitzbrett gut sitzen. Der Mann war freundlich und plauderte viel. Er wollte von mir einiges wissen, wem ich gehöre und zu wem ich in Prendt wolle. Ich gab ihm bereitwillig Auskunft und erzählte ihm, dass meine Eltern die Holzer-Leute in Prendt Nr. 6 seien. Er wollte auch wissen, wo ich war und was ich dort tat und wie lange ich dort war. Er meinte, dass ich schon ganz tüchtig sei und außerdem seien wir auch verwandt.

Endlich kamen wir in Prendt an. Beim Haus Döberl sprang ich vom Wagen, nachdem der Fuhrmann die Ochsen zum Stehen brachte. Ich nahm aus meiner Tasche einen großen schönen rotwangigen Apfel und gab ihn dem Manne und verabschiedete mich herzlich von ihm und bedankte mich für das Mitnehmen. Er drückte mir freundlich die Hand und sagte: „Auf Wiedersehn!" Ich war froh, dass es nicht mehr weit bis zu meinem Elternhaus war.

Diese Ferien waren schön, aber daheim ist daheim. Mutter war auch froh, dass ich wieder zu Hause war, denn ich war schon eine große Hilfe im Haushalt und auch meine kleinen Geschwister brauchten noch meine Aufsicht.

Apfoltern
1928
Verfasser

Stefanie Fleischanderl (geb.1917), ehemals Markt 92, 4261 Windhaag

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