Fastenzeit und Ostern

Fastenzeit und Ostern.

Wenn in meiner Kindheit die Fastenzeit war und wir Kinder im Schmelzwasser im Dorfgraben mit selbst gebauten Schifferln spielten, wurden wir am Abend zum täglichen Rosenkranzgebet in die Stube geholt. An Samstagen wurde nach dem Rosenkranzgebet auch noch eine Menge Vaterunser und eine himmellange Litanei gebetet. Beim Litanei beten kniete sich die ganze Familie auf den Fußboden. Vater betete vor und die Familie antwortete. Nach einigen „Bitt für uns“ taten die Knie schon weh und irgendjemand begann dann zu lachen bis die ganze Familie außer Vater lachte. Aber das Lachen verging, wenn uns dann Vater einen scharfen Blick zuwarf, obwohl wir nie von unseren Eltern gedemütigt oder gar geschlagen wurden.

Am Freitag vor dem Palmsonntag band dann Vater den Palmbuschen, der wurde mit geteilten Weidenruten (Widn) gebunden. Wir Kinder gingen damit gern zur Palmweihe und trugen auch für die Nachbarn öfter Palmbuschen mit, denn man bekam dafür ja 1 Schilling und zwei Ostereier. Vor dem Mittagessen war es Brauch, dass man drei Palmkätzchen schluckte und dann rund um das Haus lief, weil dann angeblich für ein Jahr das Halsweh ausblieb.

Am Karfreitag wurde streng gefastet. Meistens gab es morgens eine „saure Suppe“ und zu Mittag „Maultaschen“, die nicht unbedingt zu meinen Lieblingsspeisen gehörten.

Am Karsamstag machte Vater dann den „Brand“. Das war ein Stück besonders gefertigtes Holz mit einer Länge von ca. 50 cm. Es wurde ein Griff geformt und auf dem Kantholz wurden mit dem Reifmesser kleine Einschnitte gemacht. Diese Hölzer wurden bei der Auferstehungsfeier nach der Feuerweihe bei dem geweihten Feuer angebrannt und dann am Ostermontag mit einem Zweig vom Palmbuschen in die einzelnen Felder gesteckt mit der Bitte an Gott, dass er die keimende und wachsende zukünftige Ernte segnen möge. Man bedenke, dass eine Missernte für die Bevölkerung katastrophale Auswirkungen hatte. Man hatte ganzes Jahr sehr schlechtes Brot, da der Brotteig nicht vergären konnte und das Brot dann speckig wurde, außerdem musste beim Bestellen der Felder viel mehr Saatgut verwenden werden, weil die Keimfähigkeit schlecht war.
Am Karsamstagvormittag wurden auch die letzten Arbeiten gemacht: Die Eier wurden gefärbt, meistens ca.100 Stück und für jede Person ein „Wacker“ (Gugelhupf) gebacken, für die großen Personen große und für die Kinder kleine.

Dann kam das große Osterfest. Es war wirklich ein Fest. Zum Frühstück gab es Kaffee (keinen Bohnenkaffee) und der eigene „Wacker“ wurde gegessen. Zu Mittag gab es Schöberlsuppe, Schnitzel mit roten Rüben und eine Nachspeise. Ein solches Essen war für damalige Zeiten eine Rarität.

Kerschbaum
1949
Verfasser

Karl Leintner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

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