Eisschneiden am Pötscher Teich in Summerau

Eisschneiden am Pötscher Teich in Summerau.

1880 ist ein Georg Pühringer und 1918 bis 1956 ein Anton Pötscher als Wirt beim Bahnhof Summerau genannt. So wie bei allen Wirten, gab es auch für sie die große Herausforderung in der warmen Jahreszeit Getränke und Lebensmittel kühl genug zu lagern. Die Wirte im Dorf fanden mit ihren tiefen Hauskellern das Auslangen. Für den Bahnhofswirt, mit seinem doch größeren Getränke- und Lebensmitteldurchsatz war dies bis zur Einleitung des elektrischen Stroms, aber keine ausreichende Lösung.

Seit wann in diesem Wirtshaus mit eingelagertem Eis gekühlt wurde, ist nicht mehr zu erfahren. Auf jeden Fall aber wurde ab Anfang der 1920er Jahre am Pötscher Teich für das Bahnhofswirtshaus Eis geschnitten. Dieser Teich, südöstlich vom Bahnhofsgebäude, entstand aus der hier 1920 zurückgelassenen Grube von erfolglosen Versuchsgrabungen nach Kohle.

Erzählungen zufolge stand der Eiskeller des Bahnhofswirtes mit seinen Anbauten nordöstlich im Garten vom Wirtshaus: Ein länglicher, nord-süd verlaufender, überdachter Holzbau, der zwischen den doppelwandigen Holzschalungen mit Bahnschlacke isoliert war. Auf der Nordseite zwei versperrbare Eiskellerabteile mit Türen und je einer oberen Beladungsluke. Südseitig angebaut ein Kälteraum, ein Kühlraum und ein Vorraum.

Eines der zwei Eiskellerabteile nutzte Anfang der 1950er Jahre kurze Zeit der nebenan angesiedelte Fleischladen der Firma Windhager aus Reichenthal.

Das Eisschneiden und das Befüllen des Eiskellers selbst geschah, wie folgt geschildert:

In kalten Wintertagen wurde die Dicke der Eisdecke durch aufhacken von Löchern gemessen und wenn das Eis, meist im Jänner oder Februar, dick genug und damit sicher begehbar war, konnte das Eisschneiden beginnen.

Dazu hat der Wirt jedes Jahr fünf bis sechs Mann für die Eisarbeit am Pötscher Teich eingeladen, meist Bauern aus dem Dorf. Für diese war das auch eine gerne getane Winterarbeit, auch wenn sie nicht sehr gut bezahlt wurde. Als Beispiele seien hier Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre arbeitende Bauern namentlich genannt: Leitner Sepp, Hoiner, Hofer Hans, Handlbauer und weitere.

Das benötigte Fuhrwerk und die Werkzeuge stellte der Wirt zur Verfügung. Werkzeuge waren eine Eissäge, die aus einem starken, grob verzahnten Sägeblatt bestand und auf einer Seite einen Doppelgriff hatte. Am anderen Ende war ein Eisengewicht angebracht, welches die Säge beim Schneiden wieder nach unten zog. Dann verwendete man noch Spießer, Holzstangen mit Eisenspitze zum Schieben und Hakenstangen, ebensolche Holzstangen vorne mit Eisenhaken zum Ziehen. Auch Krampen, Schlegel und Schaufeln wurden für die Arbeit gebraucht.

Während dann ein Mann das Eis aufhackte und mit dem Eisschneiden begann, wurde von den anderen vom Wirtshausvorplatz eine Rampe zu den obenliegenden Beladeluken des Eiskellers gezimmert. Das waren zwei Pfosten, auf denen die Eisblöcke gleiten konnten und links und rechts davon je ein Pfosten mit aufgenagelten Trittleisten für die „Schieber“.

Beim Eisschneiden wurden aus der Eisdecke große Blöcke herausgetrennt. Da das Schneiden mit der Säge sehr anstrengend war, wurde nur so viel wie unbedingt notwendig geschnitten und der Rest dann mit Krampen und Schlegel abgeschlagen. Dann stellte sich ein Mann auf ein Ende des länglichen Eisblocks, sodass das gegenüberliegende Ende so weit aus dem Wasser ragte, dass der Block hier mit den Hakenstangen aus dem Loch auf die Eisfläche gezogen werden konnte. Damit diese herausgeholten Eisblöcke nicht wieder zusammenfroren und damit sie auch leichter zu händeln waren, stellte man sie dann zum Trocknen hochkant auf eine Längsseite. Danach wurden sie in transportierbare Blöcke zerschlagen und auf einem Schlitten, mit dem Schimmel des Pötscher-Wirts, auf der Straße zum nahen Wirtshaus transportiert. Die abgeladenen Eisblöcke schoben dann zwei bis drei Eisarbeiter mit Spießern über die Rampe hoch durch die Beladeluken der Eiskellerabteile. Im Eiskeller zerschlug dann ein weiterer Eisarbeiter das angelieferte Eis in handliche Eisstücke, geeignet für die Einlagerung auf längere Zeit und für eine Weiterverwendung in den Kälte- und Kühlräumen.

Dieses Eisschneiden dauerte meist fünf Tage und konnte in den damals kalten und schneereichen Wintern jedes Jahr vonstatten gehen. Dabei wurde jeden Tag von 8 Uhr bis 12 Uhr und von halb zwei bis etwa 17 Uhr gearbeitet. In der langen Mittagspause gingen die Bauern nach Hause zur Stallarbeit. Während des Eisschneidens gab es vom Wirt keinerlei Verköstigung mit Speis und Trank. Erst am letzten Tag lud der Wirt nach getaner Arbeit zu Jause und Bier.

„Das Wasser für den Pötscher Teich kam zum Großteil von den Gründen des Bauern Scherb in der Kranklau. Da es diesem Bauer möglich war, das Wasser auch in eine andere Richtung fließen zu lassen, verlangte er von der Brauerei für die Einleitung seines Wassers in den Teich Gratisbier.“ (1)

Diese Art des Eisschneidens gab es am Pötscher Teich bis 1953, denn da ging beim Bahnhofswirt Pötscher in Summerau die erste elektrische Kühlanlage in Betrieb.

Der Pötscher Teich wurde im Zuge der Großdrainage um 1970 zugeschüttet.

Niederschrift nach Gesprächen mit Johann Lonsing sen. im Jahr 2022
(1) aus „Der Freiwald – Dorferinnerungen, Seite 86 – Bibliothek der Provinz“

Summerau
früher
Fotos
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Personen auf dem zugefrorenen Pötscher-Teich (Ende 1960er Jahre)
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Arbeiter mit einer Eissäge, die aus einem starken, grob verzahnten Sägeblatt bestand und auf einer Seite einen Doppelgriff hatte. Am anderen Ende war ein Eisengewicht angebracht, welches die Säge beim Schneiden wieder nach unten zog. - gezeichnet von Johann Lonsing
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Einziges Foto, auf dem wenigstens ein Teil des Eiskellers zu sehen ist. Die abgebildeten Personen waren bei einem Gartenfest in den 1950er Jahren tätig, 2. von links der damalige Wirt Josef Waldhauser und seine Gattin (ganz links).
Verfasser

Ing. Johann Lonsing, Summerau Mitte 23, 4261 Rainbach i. M.

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