Die Polin Katharina

Die Polin Katharina.

Im Jahr 1943, als wir zu Hause bereits 7 Kinder waren, war die Arbeit für die Mutter schon zu viel. So wurde beschlossen, doch eine Hilfe zu suchen. Die Eltern einigten sich auf eine "Polin", die durch die Kriegsereignisse nach Österreich depordiert worden war. Von Zeit zu Zeit wurden solche Personen in Freistadt "feil" geboten. Jedermann, der jemand zur Arbeit brauchte, konnte sich eine Gehilfin oder einen Helfer aussuchen. So ging der Vater nach Freistadt und schaute sich diese Leute an. Auf einmal kam ein Mädchen aus Polen auf den Vater zu und hängte sich bei ihm ein. Sie wollte ihn nicht mehr loslassen, da sie, wie sie später sagte, zu ihm großes Vertrauen empfunden hatte. So hat er sie als Magd genommen. Sie war 17 Jahre jung. Zu Hause angekommen, hat sie meine Mutter sofort ins Herz geschlossen und beide verstanden sich sehr gut. Sie hatte "Eltern" gefunden. Sie war sehr fleißig und gut, sehr gut christlich, aber sie hatte großes Heimweh nach Polen. Sie kam aus der Nähe von Lemberg und hieß: Katharina Sobjeski. Sie lernte bald die deutsche Sprache. Wir Kinder hatten sie gern und sie spielte oft mit uns. Als 1945 die Russen, die unsere Gegend besetzt hatten, ins Haus kamen, spielte sie den Dolmetscher und hat so manche Plünderung vom Haus und der Familie abgehalten.

Immer wieder fragten sie die Russen, ob es ihr gut ergangen sei. Sie sagte immer großes Lob über Vater und Mutter. Nach dem Krieg wollte sie unbedingt schnell nach Hause, was verständlich war. Sie versprach, sich von zu Hause zu melden, aber leider traute sie sich nicht, da sie dann als Spionin angesehen worden wäre. Erst in den 80ziger Jahren kam ein Brief von ihr. Aber leider lebt zu dieser Zeit unser Vater nicht mehr. Mein Bruder Otto hatte Kontakt mit ihr, der aber nach einiger Zeit wieder abgebrochen ist. Wir sprachen zu Hause immer von der Polin Katharina; eigentlich ist sie aus der Ukraine Nähe Lemberg.

In Apfoltern hatten neben dem "Döberl", so hießen wir mit Hausnamen, noch die "Schwabenmühle" und beim "Freller", heute "Hörbst" je ein Mädchen aus Polen. Das Mädchen von der Schwabenmühle konnte lesen und schreiben. Deshalb schrieb sie dann für die anderen nach Hause, was erlaubt war. Beide, vom Döberl und Schwabenmühle, waren sehr brav und religiös.

Apfoltern
1943
Verfasser

Robert Reindl (geb. 1943), Sonnberg 16, 4240 Freistadt

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