Betriebsende in der Hintermühle.
Johann Kastl kaufte 1899 die Hintermühle. Im Jahre 1900 brannten der Stall und der Hausstock durch einen Brandleger, der dazumal sein Unwesen trieb, ab. Die Scheune und die Säge blieben, obwohl sie mit Stroh gedeckt waren, stehen. Den neuen Hausstock samt Holz lieferte ein Zimmermeister von Freistadt. Das Holz zum Stallbau wurde gespendet. Kastl war kein gelernter Müller. So ging das Geschäft flau. 1904 verpachtete er Mühle und Säge an einen sehr tüchtigen Müller und Mühlenbauer mit Namen Forsthuber. Dieser kam aus dem niederösterreichischen Weinland. Er modernisierte die Mühle und die Säge aus Eigenmitteln. Die Steinmühle, eine andere Art kannte man zu dieser Zeit in unserer Gegend nicht, wurde durch den Walzenstuhl, einen Aufzug für das Mahlgut und einen Mehlzylinder, wo das Mehl abgesiebt wurde, erneuert. Die Anschaffung rentierte sich durch mehr Leistung und weil man auch schöneres Mehl als Ergebnis bekam. Der Kundenkreis vergrößerte sich und der Müller Forsthuber wurde berühmt. Mühle und Säge waren in guten Händen. Als Wohnung hatte er das Häusl neben der Mühle. Während des 1. Weltkrieges, einer Zeit, in der Mehl ein begehrtes Lebensmittel war, wurde er weit und breit bekannt. Kastl betreute die Landwirtschaft und half auf der Säge mit. Von der bescheidenen Pacht lebte er. Er hatte zwei Kinder, mit denen das Ehepaar Kastl seine Freude hatte, jedoch kein Glück.
Kastl dachte immer daran, die Mühle selbst zu betreiben, da es dem Pächter besser ging als ihm. Er schickte deshalb seinen Sohn in die Scharmühle nach Freistadt in die Lehre. Der junge hoffnungsvolle Bursche verunglückte durch einen Sturz über eine Stiege tödlich im 18. Lebensjahr. Das war ein ganz großer Schicksalsschlag. Selten kommt ein Unglück alleine. Seine Tochter kam von einem russischen Gefangenen zur Zeit des 1. Weltkrieges in andere Umstände. Zur damaligen Zeit war das ein Verbrechen. Das trieb das Mädchen in den Tod. Sie hatte schädliche Mittel eingenommen. Groß war das Leid. Die Eheleute waren alleine, die Zukunft zerschlagen. So nahmen sie vom Bruder einen Sohn, der nun der Nachfolger werden sollte. Die Freude am Leben wurde durch den Verlust beider Kinder sehr gemindert. So kam es öfter zu Streitigkeiten mit dem Pächter. Auch seine Frau war nervlich fertig, so dass sie öfter auf ihn losging. Seine zweite Frau erzählte mir einmal, dass er sich in seiner Verzweiflung einmal sogar erschießen wollte. Weil er ein Jäger war, besaß er auch ein Gewehr. Dieses nahm er und ging in seinen Wald. Am Ende des Waldes wollte er mit dem Leben Schluss machen. Bevor er das tat, betete er noch ein „Vater unser“. Daraufhin drückte er nicht mehr los, sondern nahm die Patrone aus dem Lauf und ging seinen Leidensweg. Kastls Frau starb 1929. Zu dieser Zeit verunglückte auch der Rainbacher Birklbauer tödlich. Dessen Frau stand nun mit 6 Kindern da. So warb sie um Kastl als Mann. Dieser willigte ein und in der Hintermühle wurde es lebendig mit einer Frau und fünf Kindern. Der Sohn des Bruders als „Hausverdiener“ war bereit, zu gehen. Auch kam es mit dem Pächter öfter zu Streitigkeiten. Kastl betrieb die Säge nun wieder selber. Forsthuber ließ auch die Pacht von der Mühle auslaufen. Er hatte gut gewirtschaftet. So konnte er sich in Freistadt in der Hl. Geist-Gasse ein Wirtshaus kaufen.
Kastl, als nicht gelernter Müller, musste sich wieder nach einem neuen Pächter umsehen. Bis Ende der 1930er Jahre war dies jemand mit Namen Strauch.
Der nächste und auch letzte Pächter war Traunmüller, den ich noch persönlich kannte. Die letzten zwei Pächter verließen die Mühle ärmer als sie gekommen waren. Vor dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1937 war es aus mit dem Mühlenbetrieb. Das Gewerbe wurde abgemeldet. Nur für sich und kleine Mengen mahlte Kastl noch. Die Landwirtschaft war zu klein, um die vielen Personen zu ernähren. Es wurde Geld aufgenommen. Man lebte mit dem Vorsatz, die Mühle zu vertun und wieder hinauf in das Haus der Frau zu ziehen. Der Wunsch von Kastl war es nicht. Er war schon alt und wünschte sich keine Veränderung.
Die Kinder von Birklbauer zeigten keine Lust, in der Hintermühle zu bleiben. Die schlechten Jahre vor dem Krieg und Hitlers Einmarsch trugen viel dazu bei. Die Mühle war schon schwer verschuldet und der Zustand der Baulichkeiten alles eher als gut. So wurde die Hintermühle zum Kauf angeboten. Doch niemand kam als Käufer. Der alte Blumauer wollte sie kaufen, aber zuwarten, bis der Preis niedriger war. So kam es, dass ich der Besitzer der Hintermühle wurde. Der Hauskauf war im Mai 1940. Da ich mit meiner Frau in Linz war, war es nie mein Wunsch nach Norden zu ziehen. Doch wo der Mensch hinkommt, ist vorbestimmt, denn Gottes Wege sind nicht unsere Wege. Meine Frau und ich wollten nur, dass das Geld, das wir besaßen, vernünftig durch den Hauskauf angelegt war. Wir wollten es nach dem Krieg wieder verkaufen und wieder südlich ziehen. Nach vier Jahren Kriegsdienst in Russland gewöhnte ich mich schnell an Land und Leute. So fühlte ich mich hier wohl und zufrieden.
Nach Aufzeichnungen von Otto Stadler, sen. - leicht verändert und gekürzt von Helmut Knogler
Verfasser
Nach Aufzeichnungen von Otto Stadler, sen. - leicht verändert und gekürzt von Helmut Knogler (geb. 1949), Labacher Straße 9, 4261 Rainbach i. M.
Info
Falls Sie zu diesem Thema Ergänzendes erzählen wollen oder Fotos zur Verfügung stellen können, dann teilen Sie uns dies bitte schriftlich oder per E-Mail mit. Wir sind gerne bereit Ihren Beitrag oder das/die Foto/s hier zu publizieren.
Jedwede Veröffentlichung dieses Artikels, auch auszugsweise, darf nur mit Erlaubnis des Autors (der Autorin) geschehen.
Bei Verwendung der Fotos ist zu bedenken, dass diese eventuell urheberrechtlich geschützt sind.