Aufregung und Initiative gegen eine Deponie für Sondermüll.
Das Land Oberösterreich war 1986 und 1987 auf der Suche nach einem geeigneten Standort für eine Sondermülldeponie. Auch in unserer Gemeinde glaubte man einen gefunden zu haben, nämlich in Deutsch Hörschlag. Bürgermeister Franz Stockinger äußerte sich auf eine Anfrage in der Gemeinderatssitzung vom 27. März 1987 folgender Maßen: „Die Errichtung einer Sondermülldeponie in unserer Gegend, vor allen Dingen vorerst beabsichtigt auf Grundstücken von Johann Pils, Hörschlag Nr. 10 hat verschiedentlich zu berechtigten und auch unberechtigten Meinungen, Besorgnis udgl. in der Gemeindevertretung und Bevölkerung geführt. Unmittelbar nach Bekanntsein dieser Absicht hat die Gemeindeverwaltung entsprechende Maßnahmen eingeleitet, dass Einwände vorliegen, welche hauptsächlich in der Gefährdung der Trinkwasserversorgung liegen. Die Eingaben an den Herrn Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck, an Herrn Landesrat Mag. Helmut Kuckacka, sowie an die Fachabteilungen des Amtes der o.ö. Landesregierung wurden dem Gemeinderat zur Kenntnis gebracht.“ (1)
Zum faforisierten Standort wurde dann schließlich einer in der Gemeinde Grünbach, ziemlich angrenzend an das Gemeindegebiet St. Oswald (in der Nähe der Straße Freistadt-Sandl) gefunden, genannt „Holzmitte“. Trotzdem herrschte in unserer Gemeinde große Aufregung und Empörung wegen der Ankündigung der Landesregierung, dass 60 Prozent des Sondermülls für die Deponie „Holzmitte“ vom Bahnhof Summerau quer durch das Gemeindegebiet transportiert werden sollten. Ein erstes offizielles Informationsgespäch zwischen den Vertretern der Landesregierung und den Gemeindevertretern der betroffenen Gemeinden fand erst dann am 24. April in Linz statt.
In der Zwischenzeit wurden in den Gemeinden Grünbach, St. Oswald, Sandl, Leopoldschlag und Windhaag Bürgerinitiativen gegründet, die gemeinsam unter dem Namen „Bürgerinitiative Freiwald“ auftraten. Die vorherrschende Meinung in der Bevölkerung war, dass der gewählte Standort zu wenig auf seine Eignung geprüft wurde und deshalb nur gewählt wurde, weil man dort jemand gefunden hätte, der auch dafür das Grundstück verkauft. Man setzte sich zum Ziel, durch einen Nachweis der Nichteignung die Sondermülldeponie zu verhindern.
Da die Gespräche mit den Gemeindevertretern ein Beharren auf den Standort „Holzmitte“ ergaben, sprach Helmut Knogler gleich danach am Sonntag ein paar Personen an, ob sie sich bei einer Beteiligung unserer Gemeinde an der Bürgerinitiative engagieren würden. Sie beschlossen eine Initiative unter dem Namen „Bürgerinitiative Rainbach – für eine verantwortungsvolle Lösung des Sondermüllproblemes“ zu gründen. Am 27. Mai 1987 war dann die Gründungsversammlung. Ausschlaggebend dafür waren über 400 Unterschriften, die in der Zwischenzeit gegen den geplanten Transport des Sondermülls durch unser Gemeindegebiet (laut Plan der OÖ Landeskorrespondenz vom 14.4.1987) gesammelt worden waren. Von den anwesenden 72 Personen erklärten 16 Personen, aktiv in dieser Initiative mitzuarbeiten. Aus dem Kreis dieser Personen wurde demokratisch ein aus fünf Mitgliedern bestehendes Leitungsteam gewählt: Helmut Knogler, Josef Zeindlhofer, Peter Kreindl, Annemarie Punz, Johann Winklehner (Auflistung erfolgte nach der Anzahl der erhaltenen Stimmen). Bürgermeister Stockinger tat seinen Willen kund, mit der neugegründeten Initiative zusammenzuarbeiten. Ziele der Rainbacher Bürgerinitiatve waren unter anderem die Unterstützung der Forderungen der Bürgerinitiative Freiwald, die Weitergabe von Informationen an die Gemeindebevölkerung im Zusammenhang mit der geplanten Sondermülldeponie und vor allem eine Stärkung der Verhandlungsposition der Gemeindevertretung.
Das Sondermüllproblem stand auch auf der Tagesordnung der Sitzung des Rainbach Gemeinderates am 5. Juni 1987. Am Beginn überreichte der Sprecher der örtlichen Bürgerinitiative Helmut Knogler die Unterschriftenliste an Bürgermeister Franz Stockinger. Einstimmig beschlossen wurde in dieser Sitzung auch eine Resolution des Gemeinderates gegen die Errichtung einer Sonderabfalldeponie in der Region Freiwald und gegen den geplanten Transport des Sondermülls durch das Gemeindegebiet von Rainbach. Formuliert wurde dieses Schreiben von der Bürgerinitiative in Zusammenarbeit mit Gemeindevertretern.
In der Folge fanden Informationsveranstaltungen in kurzen Zeitabständen jeweils in einer anderen Gemeinde statt. Sogar eine Sternwallfahrt nach St. Michael wurde veranstaltet. Dabei marschierten an einem Sonntag betend viele Personen nach St. Michael. Die Ablehnung der Deponie vereinigte sämtliche Bewohner der Region, gleich welcher politischen, religiösen oder weltanschaulichen Einstellung zu einer eindrucksvollen basisdemokratischen Front, deren Stärke auch die Berufspolitiker zum Einlenken zwang. Mit vereinten Kräften gelang es schließlich (etwa ein halbes Jahr später) durch ein Gutachten des O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Dr. h.c. mult. Heinz Brandl, eines unabhängigen Fachmannes, den Standort Holzmitte zu Fall zu bringen, was die Bevölkerung unseres Bezirkes mit großer Genugtuung erfüllte.
Diese Erfahrung, dass mehrere Gemeinden gemeinsam mehr erreichen können, führte dazu, dass man in den Folgejahren mehrere gemeinsame Anstrengungen auf verschiedensten Gebieten unternahm: So entstanden drei Bücher über das Leben früher in dieser Region, die Mühlviertler Museumsstraße wurde aus der Taufe gehoben und touristisch wurde enger zusammengearbeitet (z.B. Freiwaldloipen, Wanderwegnetz,...).
(1) aus dem Gemeinderatsprotokoll der damaligen Sitzung
Fotos
Verfasser
Helmut Knogler (geb.1949), Labacher Straße 9, 4261 Rainbach i. M.
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