Tote blieben einige Tage daheim.
Heutzutage hat fast jede Kirche ihre Aufbahrungshalle. Es ist aber noch keine lange Zeit her, da wurden die Verstorbenen daheim im Wohnhaus aufgebahrt, meist in der Kammer. Es brannte das "Ewige Licht", der Raum war von Kerzenrauch durchzogen. Das "Sterbekreuzl" in den gefalteten Händen der Toten hatten diese zu Lebzeiten noch selbst besorgt. Das wurde immer bereitgehalten für den Fall, dass Nachbarn, Freunde, Verwandte kamen, sprachen den Hinterbliebenen Trost zu und besprengten den Toten mit Weihwasser. Zum "Nachtwachen", das oftmals bis nach Mitternacht dauerte, versammelten sich die Nachbarn aus dem Dorf. Unter Leitung eines Vorbeters wurden Gebete gesprochen und dabei auch schon früher Verstorbener gedacht.
Zum Begräbnis lud eine "Leichenbitterin", die dazu von Haus zu Haus ging und für ihre Ladung ein Trinkgeld bekam.
Am Begräbnistag wurde der oder die Tote in die "Totentruhe" gelegt und diese zugenagelt. Beim Verlassen des Hauses wurde dann der Sarg an der Türschwelle dreimal so gesenkt, dass er hörbar am Fußboden anklopfte.
Mit lautem Gebet begab sich der Leichenzug länger oder kürzer, je nach Verwandtschaftsgröße oder auch nach dem öffentlichen Einfluss der Verstorbenen - zur Kirche.
Voran ging der "Totenkreuzträger" mit Kreuz und Grabkranz. War der Tote ein Jäger gewesen, wurde auf dem Kreuz ein Geweih befestigt.
Nach dem Totenamt in der Kirche und dem Begräbnis ging die Trauergemeinde ins Gasthaus zur "Zehrung". Dabei wurde anfangs noch gebetet, aber nach und nach konnte man in all der Traurigkeit vermehrt heitere Töne hören. Die stimmungsändernde übermäßige Freibierkonsumation nannte man ein wenig despektierlich "Fiaßwaschn".
Wie unterschiedlich Begräbnisrituale waren, konnte man drüber der Grenze, im "Deutschböhmischen" erleben. Unweit von Kerschbaum, in Unterheid habe ich bei einem Begräbnis die fast orientalisch anmutenden Totenklagen, das laute Wehgeschrei der Ehefrau, der Töchter und Schwestern des Verstorbenen so eindringlich gehört, dass es für immer in meiner Erinnerung geblieben ist.
Erstveröffentlichung in „Mühlviertler Kulturzeitschrift 1/1992“ unter dem Titel „Begräbnisrituale im Mühlviertel“