Kaufgeschäfte in Kerschbaum in vergangener Zeit.
Kaufgeschäft Dreiling in Kerschbaum 65
Als Karl und Katharina Dreiling im Jahr 1928 das Kaufgeschäft in Kerschbaum 65 übernahmen, gab es dieses schon, wie viele Jahre lang, das ist unbekannt. In meiner Kindheit hieß es oft: „Kinder geht’s zum Dreiling!“ Mutter gab uns eine Tasche, genannt „Zeger“. Mit Geld und einer bescheidenen Einkaufsliste in die Hand marschierten wir in den Oberort Kerschbaum. Dieser Gang war mit allerlei Gefahren verbunden, denn in fast jedem Haus hielt man sich Gänse. Wenn diese Kücken, genannt „Datschei“ hatten, waren die Elterntiere besonders angriffslustig. Sie zwickten mit ihrem Schnabel in unsere Beine und schlugen noch dazu mit ihren Flügeln auf uns ein. Das schmerzte sehr. Deshalb gingen wir nicht auf dem Ortschaftsweg, sondern auf einem „Steig“ südlich der Ortschaft. Da war es jedoch im Herbst für uns auch nicht ganz ungefährlich, denn die Bauern ließen ihre Schafe frei herumlaufen und die Schafböcke stießen uns Kinder oft zu Boden. Also waren wir beim Einkaufen ständig in Gefahr. Wenn wir nach so manchen Gefahren glücklich beim Dreiling ankamen, waren meistens einige Frauen intensiv mit dem Austauschen der Dorfneuigkeiten beschäftigt und so schwindelten wir uns an ihnen vorbei zur „Budl“, was oft mit unangenehmen Folgen verbunden war. Herr und Frau Dreiling waren zu uns Kindern sehr freundlich.
Herr Dreiling war ein großer starker Mann. Er warf mit geübter Hand oft einige Rosinen von weitem in seinen Mund. Wir Kinder staunten über diese Technik. Auch wir Kinder bekamen oft eine Kostprobe davon. Schokolade war für uns eine Rarität. So hofften wir schon, wenn Frau Dreiling von einer großen Tafel Schokolade einen Riegel abschnitt und für den Verkauf richtete, dass ein Riegel zerbrach, denn dann bekamen auch wir davon eine kleine Kostprobe. Mehl, Zucker, Reis, Salz und Grieß waren in Schubfächern lose gelagert. Bei Bedarf wurde mit einer kleinen Schaufel die jeweilige Menge in Papiersäcken abgefüllt. Zuckerl waren in Glasbehältern gelagert. Sie waren vorerst nicht eingewickelt und es ist deshalb niemand krank geworden oder gar daran gestorben. Es gab noch keine Hygienevorschriften. Abgefüllt wurden sie in kleinen Mengen in Stanitzel. Herr Dreiling drehte schnell mit geschickten Fingern diese trichterförmiger Behälter aus Papier, was uns immer wieder in Staunen versetzte. Besonders beliebt waren die „Seidenzuckerl, Krachmandeln und „Heller“-Zuckerl. Stollwerkzuckerl klebten beim Genuss oft am Gaumen. Man löste sie dann mit dem Finger. Kaffee kauften wir nur „Linde“ und „Reindorfer“, denn in der Packung befanden sich kleine Plastikfiguren, die bei uns Kindern sehr beliebt waren.
Auch einige Kleidungsstücke hatten sie auf Lager, so z. B einen sogenannten “Hussinant“. Diese Unterwäsche, die man heute als Body bezeichnen würde, bestand aus dem Unterleiberl, das fest mit der Unterhose verbunden war und im Schritt offen war, damit man ohne Ausziehen das „kleine und große Geschäft“ verrichten konnte. Wir Kinder hatten damit gar keine Freude.
Nach der Pensionieung der Dreilingleute wurde 1954 das Lebensmittelgeschäft für immer geschlossen.
Kaugeschäft Mathias in Kerschbaum 49
Dass es in Kerschbaum nichts mehr zu kaufen gab, war für ältere Menschen ein Problem, da es dazumal noch sehr wenige Autos gab. Man musste von Rainbach alles zu Fuß heimtragen oder auf dem Rad transportieren. Deshalb entschlossen sich Herr und Frau Mathias aus Rainbach, einen kleinen Laden in Kerschbaum aufzurichten. Das Kaufhaus Mathias befand sich auf der Nordseite des Hauses Friesenecker Kerschbaum 49 (Prem). Es war ein eher kleines Geschäft, denn es war eine Filiale der Krämerei Dahedl aus Rainbach. Die Tochter des Gendarmerieinspektors Dahedl, „Dahedl Traudl“ genannt, war die Geschäftsführerin. Sie verkaufte in ihrem Geschäft schon Bananen und „Bamerantschenäpfel“, so nannten viele Ortsbewohner die Orangen. Aus Unkenntnis wollten einige ältere Frauen die neue Frucht mit der Schale essen. Weil sie doch nicht gut schmeckte, schälten sie diese dann doch. Die Bananen waren zum Wochenende schon braun gefärbt, aber begehrt, da sie schon weich waren und man sie besser beißen konnte. Ein gutes Geschäft machte das Ehepaar Mathias in der Zeit vor Weihnachten und zwar am „silbernen und goldenen Sonntag“, das waren die letzten zwei Sonntage vor Weihnachten. Mit dem Aufkommen der Selbstbedienungsläden und Supermärkte schloss auch dieses Geschäft seine Pforten.
Fotos
Verfasser
Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.
Info
Falls Sie zu diesem Thema Ergänzendes erzählen wollen oder Fotos zur Verfügung stellen können, dann teilen Sie uns dies bitte schriftlich oder per E-Mail mit. Wir sind gerne bereit Ihren Beitrag oder das/die Foto/s hier zu publizieren.
Jedwede Veröffentlichung dieses Artikels, auch auszugsweise, darf nur mit Erlaubnis des Autors (der Autorin) geschehen.
Bei Verwendung der Fotos ist zu bedenken, dass diese eventuell urheberrechtlich geschützt sind.