Getreideernte

Getreideernte.

Wenn Ende Juli der Roggen reif war, wurde er geerntet. Das ging so vor sich: Ein Mann mähte mit der Sense, auf der eine Rute montiert war, den Roggen ab. Die Rute diente dazu, dass der Roggen nicht zurückfiel und das Stroh geordnet lag. Eine Frau hob mit einer Sichel das Stroh auf und legte es auf vorbereitete Strohbänder. Eine dritte Person („Binder“ genannt) band dann das ganze zu Garben zusammen. Dies war meistens ein Kind. Die vierte Person machte die Kornmandln und wurde deshalb als „Anmandler“ bezeichnet. Ein Mandl bestand aus neun Garben. Ein Kleinkind im Alter von 5 bis 7 Jahren musste dem „Anmandler den „Knotzer“ halten, das war die erste Garbe. Diese wurde in der Mitte geknickt, damit man die anderen darüber biegen konnte. Es war eine mühsame Arbeit, meistens hatte es 30 Grad und mehr. Die Stoppeln stachen die Füße wund, da es an geeignetem Schuhwerk fehlte. Besonders die Kinder litten sehr darunter, wenn ihnen das Blut an den Füßen hinunter rann. Die Kornmandln wurden in langen Zeilen aufgestellt. Wenn der Ertrag gut war, konnte man von einem Mandl 9 Kilo Roggen ernten.

Bei uns wurde meistens mit zwei oder drei Sensen geschnittert. Die Sensen wurden am Abend und mittags gedengelt. In dieser Zeit konnten sich die Kinder etwas erholen.
Ich erinnere mich, dass wir morgens um 3-4 Uhr aufstanden um ins „Halmrechen“ zu gehen. Es wurden zwischen den Mandlzeilen mit großen Holzrechen das liegen gebliebene Stroh herausgerecht, damit es keine Verluste gab. Das stundenlange Gehen machte uns Kindern sehr zu schaffen.

Öfters kam auch der so genannte Mandlsturm. Es war ein Gewitter mit Sturm, der dann die ganzen Mandln über den Haufen warf, und die Arbeit konnte von vorne beginnen.
Die Mandln standen zirka 8 Tage auf dem Feld um zu trocknen (wenn es heiß war), dann wurden sie in die Scheune eingefahren. Es wurde mit zwei Ochsengespannen gefahren. Zu Hause wurde umgespannt: Der volle Wagen wurde in der Scheune gelassen und ein leerer Wagen wieder angespannt. Wir Kinder mussten Garben schupfen, das heißt, wir mussten sie zur Mutter bringen, die sie dann auf die ganzen Scheune verteilte. In der Zwischenzeit, in der die Gespanne beim Heimfahren waren, mussten wir Kirschen pflücken. Wir waren also total ausgelastet. Alle freuten sich Tag für Tag auf den Feierabend.

Hafer wurde nur abgemäht und zwei Tage liegengelassen, Dann wurde er mit einem Rechenstangl gewendet und wieder zwei Tage zum Trocknen liegengelassen. Jetzt konnte man ihn mit einer Holzgabel auf kleine Häufchen „gabeln“ und nach Hause fahren. Wenn es öfters regnete, musste der Hafer natürlich auch öfters gewendet werden. Es war eine mühselige Arbeit, die sehr ins Kreuz ging.

Gerste gab es bis 1965 bei uns ganz wenig. Wir begannen mit dem Gerstenanbau 1966, unsere Nachbarn sagten zu mir: „Bub, das wird dir nichts“. Aber des „Buben“ Gerste war ein Riesenerfolg, so dass in den nächsten Jahren alle Nachbarn mit dem Gerstenanbau begannen.

Kerschbaum
1950
Fotos
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Getreideernte in Kerschbaum - Fotoleihgeber: unbekannt
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Getreideernte in Kerschbaum - Fotoleihgeber: unbekannt
Verfasser

Karl Leitner (1941-2020), Kerschbaum 1, 4261 Rainbach i. M.

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