Der Rainbacher Schmied Alois Wirtl

Der Rainbacher Schmied Alois Wirtl.

„Am 1. September 1946 habe ich beim Huf- und Wagenschmied Anton Umdasch in Rainbach die Handwerkslehre begonnen. Ich war damals gerade 16 Jahre alt. Es war eine harte Zeit. Als kleiner Lehrling musste ich um 6:30 Uhr aufstehen, Feuer machen. Dann gab es Frühstück, ein Heferl Milch und ein Stück Brot. lm 1. Lehrjahr musste ich jeden Tag abends um 6:00 Uhr Werkzeug aufstecken, in den Wintermonaten im Meisterschlafzimmer den Ofen einheizen, Brennholz holen und für Meister und Meisterin die Schuhe putzen. Zur Berufsschule musste ich mit dem Fahrrad jeden Donnerstag nach Freistadt fahren. Im 2. Lehrjahr durfte ich schon bei den Pferden beschlagen helfen. Ich war bei dieser Arbeit sehr begeistert. Ende des 2. Lehrjahres habe ich schon Pferde (Hufe) ausgeschnitten und beschlagen. Im 5. Lehrjahr habe ich bereits selbständig Pferde ausgeschnitten und nachher beschlagen.

1949 habe ich die Gesellenprüfung mit Erfolg abgelegt. Nun begann für mich die Gesellenzeit. Ich war sofort 1. Geselle. Jetzt ist das Jahr 1950: Als 1. Geselle musste ich bereits Hänger beschlagen und Pferde nachher beschlagen. Ich musste auch in der Landwirtschaft helfen: Mähen, Heuen, im Viehstall und Gartenarbeiten verrichten. Ab dieser Zeit bin ich schon Rainbacher geworden und kam immer seltener nach Leopoldschlag heim.

1951 hatte ich auf einmal den Vogel zur Eisenbahn zu gehen. Ich hatte bereits eine Stelle in der Eisenbahnwerkstatt Linz erhalten. Der damalige Vorstand Mittermeier hat mich dabei unterstütze. Er hat gesagt: „Du kannst Lokführer werden“ - Das wäre damals auch mein Ziel gewesen. Als ich meinem Meister gesagt habe, dass ich zur Eisenbahn gehe, hat er gesagt: „Du bist ein guter Schmied, aber kein Eisenbahner." Er hat sofort meinen Lohn um 50 Schilling aufgebessert und ich bin wieder geblieben.

1955 heiratete ich Erni Zeiml, die damals im Gasthaus Blumauer arbeitete, wo ich sie auch kennenlernte. In diesem Jahr kam auch unsere 1.Tochter zur Welt.
Im Dezember 1958 kauften wir 810 qm Baugrund um 1200 Schilling von der Gemeinde Rainbach und begannen 1960 mit dem Bau eines kleinen Wohnhauses. Da meine Frau und ich viele Arbeiten selber machten, war es erst im Oktober 1965 so weit, dass wir notdürftig im Erdgeschoß einziehen konnten.

Am Montag, den 15. Jänner 1964, begann für mich ein neuer Lebensabschnitt. Ich musste meine Familie verlassen und fuhr mit dem Postwagen nach Stadl-Paura. Ich begann den Kurs zum Ablegen der Meisterprüfung. Diese 6 Monate waren eine harte Zeit für mich, da ich keine Hauptschule hatte. So musste ich beim Lernen ganz von vorne anfangen und ich tat mir sehr schwer damit. Obwohl ich ausgebildeter Hufschmied war, wurde mir nichts geschenkt. Diese 6 Monate waren für mich und auch für meine Familie eine sehr schwere Zeit. Wir mussten von der Arbeitslosenunterstützung leben. Der Kurs selbst war zwar gratis, aber es war trotzdem eine sehr harte Zeit. Im April 1964 legte ich die Meister- und Hufbeschlagsprüfung mit Erfolg ab. Ich war sehr stolz auf mich und glücklich. dass ich es schaffte Schmiedemeister zu werden. Danach nahm ich mir 8 Tage Urlaub um für meine selbstständige Zukunft gewappnet zu sein.

Am 15. April 1965 übernahm ich die Werkstatt von meinem Vorgänger Anton Umdasch, der leider zuvor (5. Dezember 1964) an einem Herzinfarkt gestorben ist. Ich war nun Pächter der Werkstatt und ich übernahm auch die vier Lehrlinge. In der Zeit von 1965-1989 habe ich 14 Lehrlinge ausgebildet. Die Pacht betrug monatlich 2000 Schilling. Es waren gute Jahre. Wir hatten genug Arbeit. Unser Hauptgeschäft war damals die Erzeugung von Kartoffelgerät und Pferdewagen - Eggen und Pflüge - bis zu den schweren Kipperanhängern. Auch der Landmaschinenhandel war ein gutes Nebengeschäft.

Nach 15 Jahre wurde mir die Werkstatt zum Kauf angeboten. Da ich halb mit der Werkstätte verheiratet war, sagte ich sofort zu. Der Preis war mit 700.000 Schilling sehr hoch. Wir vereinbarten eine Anzahlung von 500.000 Schilling und den Rest bezahlte ich in Raten in den nächsten 5 Jahren. Ich war glücklich, dass mir die Werkstätte gehörte.

Die Jahre 1965-1980 waren sehr gute Jahre. Ich hatte den Maschinenhandel und die Handelsagentur war ein gutes Nebengeschäft. In dieser Zeit musste ich auch unser Wohnhaus fertig ausbauen, da der Platz schon wieder knapp wurde. Es kamen nach der Reihe 5 Kinder zur Welt - vier schöne Mädchen und ein Bursche.

1980 wurde die Zeit etwas schlechter, die Arbeit wurde weniger. Der Maschinenhandel wurde unterbrochen und dann war es mit der Konkurrenz vorbei, es kamen 10 schlechte Jahre auf mich zu. Wir mussten noch den Kredit für den Werkstattkauf bezahlen. Meine Frau Erni hat mir öfter in der Werkstätte geholfen.

Nach meiner Pensionierung hat mein Sohn Hubert das Geschäft übernommen. Er hat sich mehr auf die Kunstschlosserei eingestellt. Ich habe ihn sehr unterstützt in dieser neuen Arbeitsweise. Im Nu vergingen die Jahre.

Anfang der 1990er Jahre haben wir auch unser Wohnhaus den Jungen übergeben. Wir sind nun Rentner und haben uns im Erdgeschoss eingerichtet. Hubert und Margit sind ober uns zu Hause. Ich helfe, soweit es geht, noch in der Werkstatt aus und helfe Pferde beschlagen, da ich ja die Hufbeschlagerprüfung habe. Dieses Hobby hat mich sehr fleißig beschäftigt. So bin ich 75 Jahre alt geworden. Leider bin ich mit Hören und Sehen nicht mehr gut beisammen.

Der Schreiber dieser Zeilen ist „Riepl Lois“ (Wirtl Alois), geboren am 3. Juni 1930 im Dorf Leopoldschlag, Hausnummer 55, als 8. Kind der Eltern Leopold und Anna Wirtl.
Ich besuchte die Volksschule in Leopoldschlag. Leider brach 1939 der 2. Weltkrieg aus. Da begann das große Leid meiner Eltern und Geschwister. Als erster musste mein Bruder Leopold zum Militär einrücken. Als zweiter musste Karl einrücken. Als dritter musste auch Josef einrücken, dann mussten auch Johann und Michl einrücken. Leider kamen die drei: Leopold, Karl und Josef nicht mehr nach Hause. Sie sind in Russland 1942-1944 gefallen. Johann und Michl kamen in Gefangenschaft und kehrten erst 1946 heim, abgemagert aber doch am Leben. Auch ich musste noch einrücken, aber nach 5 Wochen war der Krieg zu Ende. Ich kam zum Glück heim, bevor die Russen im Mai 1945 einmarschierten. Ich kam im Winter für ein Jahr zum Schöllhammer als kleiner Knecht, bevor ich im September 1946 nach Rainbach zog und beim Umdasch das Schmiedehandwerk lernte.“

Quelle: Ausschnitt aus dem Büchlein „Mein bewegtes Leben - Alois Wirtl“

Rainbach i. M.
1960-1969
Fotos
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Fotoleihgeberin: Ernestine Wirtl, Siedlung 1, 4261 Rainbach i. M.
Verfasser

Alois Wirtl, Siedlung 1, 4261 Rainbach i. M.

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