Plastiktasche der ehemaligen Fleischhauerei Haider.
Diese Tasche ist eine Erinnerung an die Fleischhauerei Haider, die von der Familie Haider und deren Nachkommen mehr als 100 Jahre lang betrieben wurde.
Auf dem Haus Rainbach 1 („Fleischseppn-Haus“) war seinerzeit der Fleischhauer Hager, der ursprünglich aus Helbetschlag stammte und nach Kerschbaum gezogen war. Dieser heiratete eine Reisinger „Stoaninger“ aus Zulissen, die Großmutter von Haider Fritz sen. (ca 1895/96). Einmal trieb dieser Kälber von Zulissen nach Rainbach. Dabei kam er sehr ins Schwitzen. Das kalte Wetter bewirkte, dass er sich dabei verkühlte und eine Lungenentzündung bekam. Er starb daran im Alter von 35 oder 36 Jahren.
Seine Witwe suchte nun nach einem Mann, der den Betrieb weiterführen konnte. Leopold Haider, der zweite Sohn von einem Fleischhauer in Hohenfurth war zu dieser Zeit Fleischknecht in Reichenthal. Diesen heiratete sie dann. Aus der ersten Ehe gab es eine Tochter, die Albine, die in Linz Lehrerin war. Aus zweiter Ehe stammen: Leopoldine (heiratete den Traxler von Rainbach), Fanni (heiratete den Gusenbauer in Sandl), Theresia (heiratete den Hofer von Pregarten), Kathi (verheiratete Übeleis).
Der Vater von Fritz Haider sen. wurde als jüngster 1902 geboren. Er arbeitete im Betrieb mit. Da sein Vater aus Altersgründen die Fleischhauerei nicht mehr weiter führen konnte und wollte (verstarb 1941), sollte er 1938 oder 1939 den Betrieb übernehmen. Zu dieser Zeit war es notwendig, das Gewerbe anzumelden. Bei dieser Anmeldung wurde er gefragt, ob er bei der Partei wäre, also ob er Nationalsozialist wäre. Wenn nicht, dann würde es schwierig, die Gewerbeberechtigung zu bekommen. Das bewog ihn, zur Partei zu gehen. Somit hat er das Gewerbe bekommen. (Das war dann nach dem Krieg sein Verhängnis, als er, weil 1950 im Rauschzustand blödsinniger Weise „Heil Hitler!“ sagte und nach einer Denuziation von den Russen verhört wurde. Weil er Mitglied der NSDAP war, wurde er eingesperrt und verschleppt. Was mit ihm weiter geschah, bleibt bis heute ein Rätsel.) Der Betrieb war eher klein. Der Vater von Fritz Haider sen. war mehr oder weniger Viehhändler und Landwirt. Ein Fleischbursche namens Franz half ihm dabei. Seine Frau hat zum Wochenende ausgehackt und dann das Fleisch verkauft. Auch ganz wenige Wurstsorten wurden erzeugt: eine Tiroler und Knacker. Der Verkauf war jedoch ganze Woche, da er die Möglichkeit hatte, das Fleisch und die Wurst im Eiskeller von Rainbach zu kühlen. Wir hatten das Glück, dass es von uns gegenüber diesen gab. Hier hatten wir ein Abteil. Die anderen gehörten den örtlichen Wirten. Auch altes geschlachtetes Vieh ließ man hier eine Woche lang hängen, damit das Fleisch mürb wurde. 1942 oder 1943 wurde im Haus Haider der ersten Kühlraum mit tschechischen Aggregaten mit Amoniak gebaut.
Fritz Haider sen. berichtete: "Als ich den Betrieb übernahm, als mein von den Russen verschleppte Vater nicht mehr heim kam, gab es nur ein kleines Schlachthaus, einen Raum, in dem auch die Wursterzeugung integriert war. Auf der einen Seite war der Wurstkessel, auf der der anderen Seite haben wir geschlachtet. Es gab eine alte Bremm mit Holztram und rostigen Nägeln. Ich habe nun angefangen, zu modernisieren: Die alte Selch wurde weggeräumt, die noch mit Holzscheiter beheizt wurde und in die man zum Heizen und Wurst aufhängen hineinkriechen musste. Sie wurde durch eine Drehselch ersetzt. Der Schlachtraum wurde vergrößert und der Kühlraum ausgebaut und zur Kühlung Linde-Maschinen gekauft. Mit der Zeit wurde wieder dazu gebaut und wieder vergrößert. Dann wurde hinten beim Schlachthaus auf der Westseite einen Teil dazu gebaut und eine eigene Wursterei errichtet mit einer seperaten Selch. Auf der Südseite wurde ein Schlachthaus und ein großer Container-Kühlraum gebaut. Ich habe dann schon viel Schlachtvieh-Fleischhandel betrieben. Ursprünglich wurden die Rinder geschlachtet und in Viertel nach Tirol verkauft. Auch in anderen Landesteilen fanden sich Abnehmer. Geschlachtete Kälber wurden z. B. nach Innsbruck verkauft. Das war 1951-52. Die Nachfrage war enorm. Es gab aber viel zu wenig Ware. Da unsere Kapazität zu klein war, baute ich einen zweiten Kühlraum. Von der Betriebsübernahme bis zur Pension habe ich nur vergrößert und gebaut. 1959 wurde das Geschäft umgebaut. Bei diesen Umbauten wurde ein Teil des Hauses bis auf die Grundmauern abgerissen und nach neuen Plänen wieder errichtet. Da das Schlachthaus wieder zu klein war, wurde hinten noch ein Teil dazu gebaut. Laufend mussten neue Maschinen angekauft werden. Als dann wieder alles zu klein wurde, entschloss ich mich zu einer radikalen Betriebsumgestaltung und zum Großteil zu Neubauten Mitte bis Ende der 1970-er Jahre. Nun wollte ich den Handel größer aufziehen und auch SB-Märkte beliefern. Ich belieferte schon Krankenhäuser, große Anstalten wie z. B. die Berufschule, Wirte bis in den niederösterreichischen Raum. Weil eine weitere Produktionssteigerung speziell für Großmärkte vorgesehen war, plante man gleich auch die Möglichkeit eines weiteren Zubaues.
In Freistadt mietete ich mich in der Nähe des Linzertores in ein Haus ein und baute eine Filiale, was um die 3,7 Millionen Schilling kostete. Es war eine tolles Geschäft und ging auch gut. Ich wollte betriebsmäßig noch größer werden und knüpfte daher zu großen Geschäften wie z.B. PRO in Linz. Zum Kaufhaus Tabor in Steyr und zur WIGOF (Fleischervereinigung) lieferte ich schon, natürlich vakuumverpackt, wofür ich die entsprechenden Maschinen anschaffen musste. Der Trend war schon richtig. Um in der Fleischhauerbranche bestehen zu können, musste man expandieren. Wenn man da nicht mitmachte, blieb einem nur das Zusperren als Alternative.
Dann habe ich leider den Schlaganfall bekommen, das war 1994/95. Weil ich für viele Wochen ausfiel, musste meine Frau Erni nun den Betrieb weiterführen. Mein Sohn Fritz, der gar nicht mit einer Arbeit in der Fleischhauerei gerechnet hatte, brach sein Betriebswirtschaftslehre-Studium ab und unterstützte meine Frau. Ich war zu dieser Zeit schon gehandicapt und bekam 2004 nochmals einen Schlaganfall. Dann sagte ich, dass es nicht so weitergehen kann und übergab meinem Sohn Fritz spontan den Betrieb." Dieser führte den Betrieb bis November 2008.
Erstveröffentlichung im Buch "Vom Gleisdreieck bis zur Dorfglocke", in dem man viele weitere interessante Erzählungen über das Leben damals in unserer Gemeinde findet.
Hier findet man eine Auflistung der Beiträge dieses Buches. >>>
Fotos
Verfasser
Geschrieben von Helmut Knogler, Labacher Str. 9, 4261 Rainbach i. M. nach Gesprächen mit Fritz Haider sen. und dessen schriftlichen Aufzeichnungen.
Info
Wir ersuchen um Ihre Mithilfe:
Bitte sehen Sie nach, ob Sie nicht auch ein Ding haben, das Geschichte(n) erzählt. Wenn ja, dann bitte per WhatsApp mit dem Obmann Johann Lonsing 068181326125 oder an dem Obmann-Stellvertreter Helmut Knogler 06802167484 Kontakt aufnehmen oder diesen anrufen.